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  • Politik
  • Besuch bei Herbert Dreilich zum 25 Geburtstag von Karat

Brücken brachen nicht

  • Lesedauer: 4 Min.

Von Christine Wagner

Herbert Dreilich ist erstaunlich fit. Obwohl das Leben vor mehr als zwei Jahren recht rüde mit dem Karat-Sänger umging. Den 9 Oktober 1997 den Tag seines Schlaganfalls, nennt er heute dankbar »Tag meiner Wiedergeburt«. Der inzwischen 57 Jährige mit den dicken grauen Strähnen nimmt die Welt um sich herum nun »bewusster und tiefer« wahr. Und er freut sich, wenn Freunde in seinen nach der Krankheit entstandenen Songs eine »viel positivere Ausstrahlung« als in alten Liedern entdecken. Der Mann, der »Über sieben Brücken« sang - und wohl auch durchschritt - ist voller Pläne und Tatendrang. Zumal Karat in diesem Jahr den 25. Geburtstag feiert. Der gebürtige Österreicher verließ mit seinen Eltern das Alpenland gen Bayern, um wenig später bei seiner Tante in England zur Schule zu gehen. Als er 17 war, siedelten die Eltern in die DDR. Sein Vater glaubte, da eher als im Westen Karriere machen zu können. »Doch dann schnappte mit dem Bau der Mauer die Falle zu. Erst London, dann München - und dann dieses graue Halle! Die Leute zeigten mit Fingern auf mich. Ich unter schied mich ja schon auf Grund meiner Kleidung.«

Mit dem Gedanken, wieder in die Bundesrepublik zu gehen, spielte der introvertierte Herbert nie. Auch nicht 20 Jahre später, als sich die romantisch-melancholische Karat-Band mitunter ein dreiviertel Jahr in dortigen Gefilden aufhielt. Leise Zweifel schwingen in seiner Stimme, ob er es auch als Westkünstler geschafft hätte, den Beifall eines so großen Publikums zu erheischen.

Hatte er nie ein schlechtes Gewissen gegenüber den Kollegen, die nicht so freimütig reisen konnten? »Wenn die anderen Bands auch so Erfolg versprechend gewesen wären, hätte der Westen sie schon rübergeholt«, glaubt er. Was ist für ihn, der zweimal mit Karat die Westberliner Waldbühne füllte, Erfolg? »Wenn ein gutes Lied sehr viel verkauft wird, weil die Leute es annehmen. Und die Musiker sich glücklich fühlen mit ihrer Musik.« Ärgert es ihn dann nicht, dass Maffay die Karat zustehenden Lorbeeren für den gesamtdeutschen Hit »Über sieben Brücken« einheimste? »Daran sind die Genossen schuld«, sagt Dreilich, keine Spur wütend. Und verweist auf die Polenkrise, die es in jenen Jahren DDR-Bands verbot, im Westfernsehen aufzutreten. »Wir fanden es toll, dass Peter es nachsingen wollte. Er erwähnte oft, dass der Song von uns stammt. Er hatte bessere Möglichkeiten, es zu verbreiten.«

Der gemeinsam mit der Band ausgezeichnete Nationalpreisträger denkt freilich auch an die Auslandsgastspiele in den sozialistischen Ländern. Drei Tourneen in Kuba machten am meisten Spaß, »weil die Mentalität der Leute dort ansteckt«. Und wenn sein 30-jähriger Sohn von Moskau, wo er eine Filiale von IKEA mit aufbaut, nach Hause kommt, erzählt er »die gleichen Geschichten über Land und Leute wie ich damals«.

»Wir haben uns einen Namen gemacht, der nicht untergeht«, meint Dreilich nach einer Stunde Interview und verweist auf 14 LPs und CDs. Zwar hat die Band heute nur noch 50 Auftritte im Jahr und nicht wie früher 170. »Wir haben unser Auskommen und können die Musik machen, die uns gefällt. Und aller zwei Jahre eine CD Was will man mehr.« Im Jubiläumsjahr tourt die Band durch zwölf Städte. Karat wird nicht nur die Songs ihrer neuen bei K & P erscheinenden CD - eine Mischung aus populären Hits und fünf neuen Songs - zum Besten geben: Schließlich gehören auch Liveauftritte mit Sinfonieor ehestem zu den Bandtraditionen. Und so wird auch das Freudenfest im 25 Karat- Jahr am 9 September in der Berliner Wuhlheide gefeiert, wo die Band mit dem Filmorchester Babelsberg auftritt. Auch Peter Maffay wird kommen.

»Maus und Katz«. Bürgermeister Lückert kündigt an, dass das Rotlichtviertel weg muss. Mit dem Bordellkönig aber schließt Lückert ein lukratives Stillhalteabkommen. Filmvorlage war ein Korruptionsfall in Frankfurt/Main. (Bis 0.30 Uhr)

Deutschlandfunk, 10.10 Uhr, Journal

»Vom Autobesitzer zum Autonutzer«.

Car Sharing-Anbieter versprechen Flexibilität, geringere Kosten und einen Umweltbonus. Dietmar Reiche spricht mit Experten. (Bis 11.30 Uhr)

Deutschlandfunk, 20.10 Uhr, Feature

»Männerbilder«. Fast anderthalb Millionen Kinder wachsen in Deutschland bei der Mutter auf. Experten warnen vor der vaterlosen Gesellschaft. (Bis 21 Uhr)

MDR Kultur, 22.30 Uhr, Studio spezial

»Patschekuchen«. Eine Marketingfirma hat sich den Namen Friedrich Fröbel als Warenzeichen registrieren lassen. Selbst das Kulturerbe ist vor juristisch versierten Wessis nicht mehr sicher. (Bis 23.30 Uhr)

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