Büro darf abgeschlossen werden
Der Betriebsrat hat ein eigenes Büro bekommen, ausgestattet mit dem nötigen Inventar wie Schreibtisch, Schrank, Ak tenordnern, Telefon und Computer sogar. Aber der Arbeitgeber verweigert ihm die Herausgabe des Schlüssels. Nun steht der Betriebsrat vor der Wahl, sein Büro mit allen Unterlagen nicht abschließen zu können oder den Schlüssel über das Ar beitsgericht einzuklagen.
Diesen Fall gibt es tatsächlich. Der Betriebsrat entschloss sich zur Klage und bekam natürlich Recht. Nach § 40 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Arbeitgeber die Kosten zu tragen, die durch die Betriebsratstätigkeit entstehen, und ihm die erforderlichen sachlichen Mittel für seine laufende Geschäftsführung zur Verfügung zu stellen. Dabei legt der Betriebsrat den erfor derlichen Bedarf für die ordnungsgemäße Durchführung seiner Tätigkeit selbst fest.
Es dürfte eigentlich selbstverständlich sein, dass er zur sicheren Aufbewahrung der zum Teil auch vertraulichen Unterlagen zumindest eine abschließbare Schreibtischschublade, einen verschließbaren Schrank oder wenn es sich um einen größeren Betrieb handelt, auch ein ver schließbares Büro
braucht. Manche Betriebsräte, die weder über das eine noch das andere verfügen und auch noch nicht eingefordert haben, nehmen zur Absicherung gegen unbefugte Einblicke ihre Unterlagen mit nach Hause. Das muss so aber nicht sein.
Das Arbeitsgericht Heilbronn, das den er wähnten Fall rechtskräftig entschied, hob in der Ur teilsbegründung hervor, dass der Betriebsrat seine Geschäfte »eigenständig und in eigener Verantwor tung« zu führen hat. »Er kann deshalb grundsätzlich nicht hinsichtlich der Art und Weise der Amtsausübung irgendwelchen Kontrollen oder Weisungsrechten des Arbeitgebers unterliegen« (Beschluss vom 17. Februar 1984, Az. 4 BV 10/83). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesar beitsgerichts (z. B. Beschluss vom 21. April 1983, Az. 6 ABR 70/82).
Zum Streit um die Schlüsselgewalt für das Betriebsratsbüro erklärte das Arbeitsgericht, es grenze an Schikane, wenn die beteiligte Firma unter Berufung »auf ihr tatsächlich nicht zustehende Weisungs- und Kontrollrechte« dem Betriebsrat einen Schlüssel für das Betriebsratszimmer vor enthält. Mit dem Zur-Ver fügung-stellen des Büroraumes einschließlich der Einrichtung, so das Gerichtweiter, »gehen Besitz und Nutzung der im Eigentum des Arbeitgebers verbleibenden Sachen dagegen auf Dauer auf den Betriebsrat über«.
Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen Eigentum einerseits und Besitz und Nutzung andererseits. Da der Arbeitgeber gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG auf seine Kosten die sachlichen Mittel für die Geschäftsführung des Betriebsrats zur Verfügung stellen muss, ver bleiben diese - ob Möbel oder Gesetzbücher usw. - in seinem Eigentum. Aber das Besitz- und Nutzungsrecht gehen für die Dauer des Bestehens an den Betriebsrat über. Er hat in seinem Büro folglich das Hausrecht und - die Schlüsselgewalt.
GERD SIEBERT
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