»... und ihr steht und schaut mit verschränkten Armen«

  • Lesedauer: 2 Min.

Es brent Brider es brent
Es brent Brider es brent
Oj unser orem Schtetl nebech brent
Bejse Windn mit Irgosen
Rajssn brechen un zeblosn
Schtarker noch di wilde Flamn
Alz arum schon brent ...

Es brennt Brüder es brennt
Unser armes Städtchen brennt
Böse Winde wehen
reißen und blasen
Die Flammen werden stärker
Alles herum brennt
Und ihr steht und schaut herum
mit verschränkten Armen

Anleihe an dieses jüdische Klagelied, das wohl keiner so eindringlich und ergreifend interpretierte wie die große jüdische Sängerin Lin Jaldati, nahmen die Gestalter der seit Freitag in der Topographie des Terrors zu sehenden Ausstellung »Es brennt!«. Sie wurde - aufbauend auf eine vor fünf Jahren gezeigte Exposition - gemeinsam vom Dokumentationszentrum in der Niederkirchnerstraße sowie den Stiftungen Denkmal für die ermordeten Juden Europas und Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum erarbeitet.

Die Dokumentation erinnert daran, wie in Berlin SA, SS und Hitlerjugend im November 1938 innerhalb von zwei Tagen allein ein Dutzend Synagogen sowie unzählige jüdische Wohnungen und Geschäfte zerstörten. Mindestens sieben Menschen verloren ihr Leben, etwa 3000 jüdische Männer aus Berlin wurden in das Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt, andere tagelang in Polizeigefängnissen festgehalten.

Die bis Anfang März nächsten Jahres zu sehende Ausstellung widmet sich vor allem den Ereignissen in der »Reichshauptstadt«, verweist aber auch auf ähnliches Geschehen andernorts in Deutschland. Neun Stelen mit Aufschriften wie »Gezielter Terror«, »Gaffer und Plünderer« bis hin zu »Auftakt der Vernichtung« bieten fotografische Zeugnisse von der sogenannten Reichskristallnacht. Eine vierzehn Meter lange Bilderwand zeigt jüdische Gotteshäuser vor und nach ihrer Zerstörung. Reflektiert werden zudem die unterschiedlichen Formen des Erinnerns in der Bundesrepublik, der DDR und im wiedervereinigten Deutschland.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit betonte zur Eröffnung: »Die Novemberpogrome von 1938 sind brutaler Ausdruck des menschenfeindlichen Antisemitismus der Nationalsozialisten.« Und Nechama Drober, die die Pogromnacht als junges Mädchen in Königsberg erlebt hatte, ergänzte: »Es ist wichtig, dass jungen Menschen erkennen, dass ein leichtes Leben wie heute nicht selbstverständlich ist.« Zur Ausstellung erschien ein von den Leitern der beteiligten Institutionen, Andreas Nachama, Uwe Neumärker und Hermann Simon, herausgegebener Katalog, (167 S., 15 €). Foto: dpa/Maurizio Gambrini

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