Der Mann an der Steckdose

Felix Kubin gastiert im »West Germany«

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein wenig fühlt es sich so an, als seien wir schlagartig in das Jahr 1981 zurückgebeamt worden, in die bizarre Underground-Klangwelt dieser Phase, in der eine Steckdose und ein elektrisches Küchenrührgerät reichten, um Musik zu erzeugen, die nie zuvor ein Mensch gehört hatte.

Die lustigen Synthiegeräusche und verschrobenen Klangexperimente Felix Kubins erinnern uns daran, dass es einmal so fortschrittliche Bands gab wie Der Plan, Deutsch-Amerikanische Freundschaft (DAF), Foyer Des Arts oder Throbbing Gristle. Unverkennbar ist es diese Tradition, in der der Hörspielmacher, Noise-Komponist und Klangkünstler sich bis heute bewegt. Seine Plattenfirma schreibt ihm einen Modestil zu, »der zwischen den Outfits von Kim Jong-il und Captain Kirk angesiedelt ist«. Es ist, als hätte die Menschmaschine Kubin nie damit aufgehört, den Geist der subversiv-verspielten Postpunk-Ära der Bundesrepublik in die Gegenwart zu verlängern.

Tatsächlich wirkt er heute, als 44-Jähriger, wie eine Art Überlebender aus der Zeit, als Düsseldorfer oder Westberliner Trinklokale noch »Risiko« oder »Neonkantine« hießen und es in zeitgenössischer Popmusik, die nicht als konfektioniertes Massenkulturerzeugnis wahrgenommen werden wollte, noch darum ging, möglichst alles ganz und gar anders zu machen als Pink Floyd oder Boney M. Wen interessierte schon der Massengeschmack?

Schon Anfang der 80er Jahre, als 13-Jähriger, mischte Kubin, seit jeher ein Liebhaber des analogen Synthesizers und des stilvollen Nonsens, in der Spätphase des deutschen New Wave mit, als er »vor grölenden Punks destruktiv verspielte Musik spielte« (»Taz«) und so die Erwartung des Publikums unterlief. Anfang der 90er Jahre war er an der neo-dada-kommunistischen Singegruppe »Liedertafel Margot Honecker« beteiligt. Kubins eigenwillige, traditionsbewusste Experimental-, Quietsch- und Krachmusik, die Konventionen ignoriert und Elemente von Neuer Musik und Pop verschmilzt, erinnert an Vollplastikhemden, Science-Fiction-Trash, Neonröhren und den alten Geist des Do-It-Yourself: im Hobbykeller selber krude Elektro-Sounds zusammenbasteln und einen Scheiß darauf geben, ob sich das hinterher verkauft.

In einem Interview mit »The Quietus« erläuterte Kubin kürzlich: »Diese ganzen Bands, angefangen von Der Plan, die auf die Tradition des deutschen Kinderlieds Bezug nahmen, über Palais Schaumburg, eine Art Musique-concrète-Version von Pop, bis zu DAF, die alles reduzierten auf eine Bassline und das Schlagzeug - diese ganze Dekonstruktion, das war ein Initiationserlebnis für mich.« Morgen auch auf der Bühne: Les Trucs, zwei Menschen und ein Roboter, die »Nintendocore« zu Gehör bringen. »You can dance to it if you want to. Or you can just stand and watch how the two idiots try to dance to it.«

Felix Kubin tritt heute und morgen Abend im »West Germany« auf. Skalitzer Straße 133, 10999 Berlin.

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