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Zwischen Großmobilisierung und Alltagskämpfen

Blockupy-Bündnis sucht auf Aktionskonferenz Wege jenseits vom Event-Protest

  • Lesedauer: 3 Min.

»Revolution must come!« fordert ein großes Graffiti auf dem Uni-Campus Bockenheim in Frankfurt am Main. Was von den meisten StudentInnen vermutlich kaum eines Blickes gewürdigt wird, nehmen diejenigen um so ernster, die sich an diesem Wochenende im Studierendenhaus eingefunden haben.

Zur Europäischen Blockupy-Aktionskonferenz von Freitag bis Sonntag sind rund 500 Menschen aus mehreren europäischen Ländern angereist. Die meisten von ihnen sind bereits seit seinem Entstehen vor zwei Jahren am Bündnis beteiligt und wollen in diesen drei Tagen diskutieren, wie sie denn nun weitergehen soll, die Arbeit an besagter Revolution.

In Frankfurt liegt der Fokus für das kommende Jahr vor allem auf Aktionen zur Eröffnung der neuen Europäischen Zentralbank (EZB). Trotz dieses Ereignisses, das für November 2014 angekündigt ist, dürfe sich Blockupy aber nicht allein auf Proteste gegen die EZB konzentrieren, sagt Roland Süß vom Blockupy-Koordinationskreis: »Seinen Ursprung hat Blockupy zwar in den Demonstrationen gegen die Politik der Troika im Mai 2012, aber seit diesem Jahr steht auch der alltägliche Kampf gegen den Kapitalismus im Fokus.«
Außerdem geht es um die Vernetzung der Aktivisten der unterschiedlichen Handlungsfelder. Ergo sind auch ganz grundlegende Verhandlungen fester Programmbestandteil der Aktionskonferenz: etwa darüber, welche Gemeinsamkeiten die sozialen Kämpfe in unterschiedlichen europäischen Ländern gegen die Sparpolitik haben, beziehungsweise wie eine transnationale Unterstützung möglich sein könnte.

Zwecks Erfahrungsaustausch berichten am Samstagvormittag unter anderem VertreterInnen der autonomen Fabrik VIO.ME im griechischen Thessaloniki von ihrer selbstbestimmten Produktion, rekapitulieren Beteiligte der Gezi-Park-Blockade in Istanbul ihre Erlebnisse im Kampf für eine der letzten Grünflächen ihrer Stadt und diskutieren italienische AktivistInnen darüber, was Proteste gegen die europäische Finanz- mit jenen gegen deren Migrationspolitik zu tun haben.

Diese öffentlichkeitswirksamen »Event-Proteste« werden im Workshop »Zwischen Großmobilisierung und Alltagskämpfen« allerdings mit ambivalenten Gefühlen verhandelt. »Wir werden zur Eröffnung der neuen EZB in Frankfurt nächstes Jahr viele Menschen dazu bringen können, auf die Straße zu gehen«, so der Workshopleiter, der bei der Hanauer Initiative »no one is illegal« aktiv ist. »Aber wie können wir verhindern, dass diese Proteste ein kurzweiliges Strohfeuer bleiben?«

Das Ergebnis, das die TeilnehmerInnen dieser Diskussion schließlich im Abendplenum am Samstag vorstellen, bleibt derweil recht allgemein: »Blockupy hat ein Potenzial, soziale Kämpfe zu katalysieren und zu bündeln«, lässt eine Flipchart verlauten. Für Roland Süß ist dies allerdings gar nicht banal, sondern ein Novum, das Blockupy auszeichnet: »Blockupy schafft es, soziale Kämpfe aus verschiedenen Ländern in einen internationalen Zusammenhang zu stellen und zu zeigen, dass wir alle von der Finanzkrise betroffen sind – wenn auch auf unterschiedliche Weise.«

Auch die TeilnehmerInnen des Workshops »Blockupy goes Arbeitskampf« stellen diese gemeinsame Betroffenheit heraus. Mit Bezug auf die Blockupy-Aktionen im Mai dieses Jahres in Frankfurt erläutert der Berliner Anton Thun von Die Linke.SDS die Auswirkungen der Sparpolitik auf den Einzelhandel und globale Wertschöpfungsketten. Damals hatten DemonstrantInnen große Kaufhäuser und Bekleidungsketten auf der Frankfurter Haupteinkaufsstraße Zeil blockiert, um einerseits auf die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern wie etwa Bangladesch aufmerksam zu machen und andererseits die prekären Arbeitsbedingungen der hiesigen Angestellten zu problematisieren.

Die verhältnismäßig geringe Streikbereitschaft in Deutschland sei dabei ein Problem gewesen, dessen sind sich die PodiumsteilnehmerInnen am Abend einig: »Um Blockupy größer und breiter werden zu lassen, müssen wir darum den Schulterschluss mit den Gewerkschaften suchen«, ist Thun überzeugt. Die beidseitigen Hemmungen zwischen linken Bewegungen und Gewerkschaften erforderten dabei ein sensibles Vorgehen. »In anderen Ländern ist die Zusammenarbeit zwischen Blockupy und Gewerkschaften fast selbstverständlich.« Wenn es hier nicht nur beim Erfahrungsaustausch bleibt, rückt sie vielleicht wirklich ein Stück näher, die besagte Revolution.

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