Løndumping fra Danmark

Die dänische Speditionsfirma Frode Laursen baut auf im Norden, denn Arbeitskraft ist in Deutschland billiger zu haben

  • Olaf Harning
  • Lesedauer: 3 Min.
»Frode Laursen«. Der Name des 1948 gegründeten dänischen Familienunternehmens steht für Fairness und Werte, gilt als vorbildlicher Arbeitgeber. Doch in der Flensburger Niederlassung ist das alles anders.

»80 neue Jobs für Flensburg« frohlockte das »Flensburger Tageblatt« Ende September. Für 15 Millionen Euro will Frode Laursen im Gewerbegebiet Handewitt ein neues Dienstleistungszentrum errichten, auf 95 000 Quadratmetern, unmittelbar an der A 7. Doch was zunächst wie eine gute Idee klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als knallharter Preiskampf. »Die Lohnkosten in Deutschland sind niedriger als in Dänemark«, sagt Frode-Laursen-Direktor Anders Balle zu den Gründen der Ansiedlung. Das tue ihm »als Däne« zwar leid, hinderte den Konzern aber schon 2010 nicht daran, die insolvente Spedition Nielsen & Sørensen zu übernehmen und zwei Produktlager bei Handewitt einzurichten. Seitdem werden von hier aus Fensterelemente und Süßigkeiten, wie »Mars« und »Snickers« in den skandinavischen Raum geliefert - zu niedrigeren, deutschen Löhnen. Mit dem geplanten Dienstleistungszentrum soll dieses Feld noch erweitert werden.

Warum sich das Outsourcing Richtung Deutschland derart rechnet, wird bei einem Blick auf die Produktlager Altholzkrug und Wittenberger Weg deutlich: Mit gerade einmal 8,20 Euro pro Stunde verdienen die 35 Lagerfacharbeiter und Kommissionierer hier monatlich gut 200 Euro netto weniger, als vergleichbare Arbeiter in Dänemark - von den etwa 20 ständig eingesetzten Leihkräften ganz zu schweigen. Hatte Frode Laursen bei Eröffnung der Standorte zunächst moderate, partnerschaftliche Töne angeschlagen, änderte sich das Klima in den letzten Monaten grundlegend. So stellt das Unternehmen nach Angaben von Matthias Pietsch, ver.di-Sekretär im Fachbereich Postdienste, Speditionen und Logistik, Mitarbeiter inzwischen nur noch auf ein Jahr befristet ein, ignoriert die Feiertagsregelungen im deutschen Arbeitsrecht und kündigt Beschäftigten, die sich im Ringen um faire Arbeitsbedingungen zu weit nach vorne wagen: »Wer aufmuckt, kriegt die skandinavische Kälte zu spüren«, sagt der Gewerkschafter, der erst vergangenen Dienstag wieder zu einer Güteverhandlung vor dem Flensburger Arbeitsgericht erscheinen musste. Da wurde über den Fall eines Beschäftigten verhandelt, dem Ende Oktober aus »betriebsbedingten Gründen« gekündigt wurde - nur Wochen nach der Ankündigung des Unternehmens, seine Niederlassungen in Flensburg massiv auszubauen und 80 neue Jobs zu schaffen.

Sprechen möchte man bei Frode Laursen über all das nicht so gerne, auch wenn der Logistiker unter dem Stichwort »Werte und Visionen« stets seine Verantwortung für die Mitarbeiter und die innerbetriebliche Kommunikationskultur betont. So antwortete Konzernchef Torkil Andersen auf eine schriftliche Anfrage von Pietsch, man freue sich zwar über den netten Brief und habe engagierte Mitarbeiter - jedoch keinerlei Gesprächsbedarf. »Es ist ja nicht so, dass man mit Allen sprechen muss«, betont auch Anders Balle gegenüber »nd«. Die Vorwürfe von Pietsch weist er zurück: »Ich glaube, das ist nicht richtig, was er sagt. Die Verträge, die Feiertagsregelungen sind in Ordnung.« Die Beschäftigten in Handewitt scheinen das anders zu sehen: Trotz Fristverträgen und Einschüchterungsversuchen der Geschäftsleitung konnte ver.di inzwischen einen Großteil der Betroffenen organisieren, initiierte Mitarbeiterversammlungen und ein Treffen mit der dänischen Gewerkschaft »3f«. »Wenn schon die stets propagierten, dänischen Sozialstandards nicht eingehalten werden«, so Pietsch, »muss Frode Laursen mindestens nach deutschen Tarifen zahlen.« Nichts weniger als das will der Gewerkschafter jetzt mit Hilfe der Öffentlichkeit und gezielten Aktionen durchsetzen.

Irritiert reagiert man auf die Vorwürfe bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Region (WiREG). Deren Geschäftsführer Olaf Krüger stellt zwar klar, dass man die Arbeitsbedingungen bei Projektpartnern kaum beeinflussen kann, gleichwohl aber auf den Ruf der Unternehmen achtet - und der sei bei Frode Laursen ausgezeichnet gewesen. Eines aber müsse bei derartigen Ansiedlungen klar sein, so Krüger weiter: »Aus dänischer Sicht sind wir Niedriglohnland.«

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