Sozialdemokraten in Endlagerfrage uneins

Antwort auf Anfrage im Landtag Niedersachsen zeigt unterschiedliche Positionen zum Schacht Konrad auf

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Die SPD ist mal für, mal gegen mehr Tempo beim Bau des Endlagers Schacht Konrad. Dabei ist der Zeitplan ohnehin aus den Fugen geraten.

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag klingt es so: Die SPD spricht sich für eine zügige Fertigstellung des Atommüllendlagers Schacht Konrad in Salzgitter aus. Um die Endlagerfrage aus Verantwortung für kommende Generationen zu lösen, werde die Errichtung von Konrad vorangetrieben, heißt es in der Vereinbarung von SPD, CDU und CSU auf Bundesebene. Gleichzeitig verlangen die Sozialdemokraten in Niedersachsen eine »Neubewertung der Konzeptions- und Einlagerungssituation von Schacht Konrad« - so steht es jedenfalls in deren Koalitionsvereinbarung auf Landesebene mit den Grünen.

Diesen Widerspruch haben auch die Oppositionsparteien im niedersächsischen Landtag bemerkt. Sie wollten von der Landesregierung wissen, wie sie sich denn nun zu Schacht Konrad positioniert. Die ehemalige Eiserzgrube ist bekanntlich als Lagerstätte für die in Deutschland anfallenden schwach und mittelradioaktiven Abfälle vorgesehen. Die 2002 vom Land Niedersachsen erteilte Genehmigung gilt für bis zu 303 000 Kubikmeter Atommüll.

Die Antwort auf die Anfrage liegt jetzt vor. Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) versucht darin einen Spagat. Einerseits befürwortet auch er eine »zügige Bereitstellung von dauerhaft sicheren Lagern«. Andererseits bekräftigt er die Forderung des Landes nach einer »Neubewertung« von Konrad. Schon aus dem Atomrecht ergebe sich das Erfordernis, »im Sinne der Vorsorge auch potenzielle Gefahren aufgrund von Wissenslücken, einen Gefahrverdacht oder ein Besorgnispotenzial auszuschließen«. Dabei könne die Endlagerkommission Orientierungshilfe geben.

Geschickt zeigt Wenzel zudem mit dem Finger nach Berlin: Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) - die Behörde ist in dem komplexen Konrad-Verfahren Antragsteller und »Bauherr« - solle deutlich machen, »welche Maßnahmen ergriffen wurden bzw. werden, um den Stand von Wissenschaft und Technik sicherzustellen«. Im Übrigen, so der Grünen-Politiker, stünden »noch viele Umbaumaßnahmen an«, bis das Endlager Konrad endgültig in Betrieb gehen könne.

Tatsächlich ist der Zeitplan völlig aus den Fugen geraten. Waren der Bund und die Atomwirtschaft zunächst von einer Inbetriebnahme im Jahr 2014 ausgegangen, lautet die offizielle Sprachregelung jetzt: Nicht vor 2019. Inoffiziell heißt es, dass eine Einlagerung nicht vor 2021 oder sogar erst 2024 beginnen kann.

Das hat Folgen für viele Zwischenlager, deren Genehmigungen demnächst auslaufen. Bundesweit gebe es etwa 60 Atommüllstandorte, deren Anwohnern versprochen worden sei, dass ihre Abfälle in absehbarer Zeit nach Salzgitter kämen, sagt Peter Dickel von der atomkraftkritischen Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad.

Inzwischen ist auch klar, dass längst nicht der gesamte anfallende schwach und mittelradioaktive Abfall in Schacht Konrad eingelagert werden kann - aus Platzgründen oder weil die Kriterien nicht erfüllt sind. Das gilt etwa für mehr als 100 000 Kubikmeter abgereichertes Uran aus der westfälischen Urananreicherungsanlage Gronau oder die aus dem Bergwerk Asse zu bergenden Fässer - also noch einmal mehr als 100 000 Kubikmeter.

Zudem wird der Umbau des ehemaligen Bergwerks Konrad zum Endlager immer teurer: Frühere Schätzungen gingen von Kosten in Höhe von rund 900 Millionen Euro aus, inzwischen sind 1,5 Milliarden Euro verbaut, aktuell rechnet das Bundesamt für Strahlenschutz mit etwa 2,2 Milliarden Euro.

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