Zaun im Kopf
Wie in Bayerns Osten die Grenze von einst bis heute fortdauert
Prag/Grafenau. Der frühere Eiserne Vorhang zwischen Ost und West lebt einer neuen Studie zufolge in den Köpfen von Hirschen weiter. Das haben Forscher im Nationalpark Böhmerwald (Sumava) herausgefunden. »Die Hirsche auf der tschechischen Seite des Böhmerwalds wandern genau bis zu der Stelle, wo früher Stacheldraht den Sperrbereich vor der Staatsgrenze markierte«, erklärte der Zoologe Pavel Sustr. Der Böhmerwald grenzt unmittelbar an den Bayerischen Wald. In Tschechien wurden die Tiere für die Studie mit Funk-Halsbändern ausgestattet und sechs Jahre lang beobachtet. Die Forscher vermuten, dass Hirschkühe über Generationen die Abgrenzung ihres Territoriums an ihre Nachkommen weitergeben. Ein Vierteljahrhundert nach der Grenzöffnung halten sie unbeirrt daran fest.
Auf deutscher Seite sieht die Situation differenzierter aus. »Nur die Weibchen bleiben zumeist auf deutscher Seite«, sagte der Wildtierforscher des Nationalparks Bayerischer Wald, Marco Heurig, in Grafenau. Dies liege zum einen an der Topographie, weil sich zwischen Tschechien und Deutschland ein Bergrücken erstrecke. Zum anderen werde auf tschechischer Seite seit einigen Jahren wieder gejagt. »Aus Sicherheitsgründen bleiben die Weibchen mit ihrem Nachwuchs dann lieber im Nationalpark auf deutscher Seite.«
Dagegen seien die männlichen Hirsche durchaus Grenzgänger, betonte Heurig. Im Nationalpark werden auf deutscher Seite jedes Jahr etwa 20 Tiere mit Sendern ausgestattet. Bislang liegen die Daten von mehr als 100 Hirschen vor. dpa/nd
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