Auswahl tut gut

Vor der Landtagswahl muss sich die LINKE zwischen verschiedenen Bewerbern entscheiden

23 Frauen und 29 Männer wollen nach dem letzten Stand auf die Landesliste der Linkspartei; eine Frau und zwei Männer bewerben sich als Landesgeschäftsführer. Es können noch mehr werden.

Am Freitagabend - nach Redaktionsschluss dieser Seite - wollte die LINKE beginnen, ihre Landesliste für die Landtagswahl am 14. September aufzustellen. Eine Vertreterversammlung sollte im Potsdamer Kongresshotel über die vorderen Listenplätze entscheiden. Die kaum aussichtsreichen hinteren Listenplätze kommen am heutigen Samstagvormittag dran.

Nur der neue Finanzminister Christian Görke sollte in Einzelwahl zum neuen Spitzenkandidaten gekürt werden. Alle folgenden Plätze sollte nach einem ausgeklügelten Ranglistenverfahren besetzt werden, jeweils in einem Wahlgang die allein Frauen vorbehaltenen Listenplätze bis Nummer 17 und die für Männer und Frauen offenen Listenplätze bis Nummer 30.

Wie aussichtsreich die Listenplätze sind, muss sich im September erweisen. Es hängt ab vom Wahlergebnis und von der Zahl der gewonnenen Direktmandate. Angesichts von Umfrageergebnissen, die den Sozialisten zuletzt 22 bis 24 Prozent versprachen, hält Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige den Sieg in vier Wahlkreisen für ziemlich sicher. Sie denkt dabei an den Wahlkreis von Christian Görke im Havelland, den von Hans-Jürgen Scharfenberg in Potsdam, den von Kerstin Kaiser in Märkisch-Oderland und den von René Wilke in Frankfurt (Oder). »Jeder Prozentpunkt mehr für die LINKE bedeutet mehr Direktmandate«, weiß Johlige.

Am 27. September 2009 gewann die Partei 21 Direktmandate. Fünf Sozialisten zogen über die Landesliste in den Landtag ein. Fünf Genossen, die auf der Liste vor dem Abgeordneten Andreas Bernig standen, hatten einen Wahlkreis gewonnen. So konnte Bernig noch mit Listenplatz 10 ins Parlament gelangen. Seitdem haben mehrere Abgeordnete ihr Mandat aus ganz unterschiedlichen Gründen abgegeben. Nicht alle möglichen Nachrücker nutzten ihre Gelegenheit. So zieht inzwischen der Listenplatz 26.

Weiter vorn oder hinten zu stehen, könnte für die Zukunft eines Bewerbers sehr bedeutsam sein. Es muss eine Rangfolge festgelegt werden. Die Entscheidung kann für den einzelnen schmerzlich sein. Das liegt in der Natur der Sache. Anders geht es aber nicht.

Dagegen sind Kampfkandidaturen um die herausgehobenen Führungspositionen im Landesvorstand bei den märkischen Sozialisten eher selten. Dass Ralf Christoffers 2001 Anita Tack im Zuge einer Kampfabstimmung als Landesparteichef ablöste, war eine Ausnahme. Auch die Schatzmeister und die Landesgeschäftsführer werden in Brandenburg meist gewählt, ohne dass die Parteitagsdelegierten eine Auswahl aus verschiedenen Bewerbern treffen müssen. Steffen Heller, der sich vor zwei Jahren um die Position des Landesgeschäftsführers bemühte - konkurrierend zur aktuellen Landesgeschäftsführerin Johlige - zog seine Bewerbung damals noch kurzfristig zurück. Am heutigen Samstagnachmittag wird es nach derzeitigem Stand jedoch gleich drei Bewerber für die Landesgeschäftsführung geben. Neben Johlige, die zum Wunschteam des designierten Landesparteichefs Christian Görke gehört, sind das Bernd Sachse und Jan Hanisch.

Sachse widersprach jetzt nachdrücklich der Mutmaßung, er sei durch die frühere Linksfraktionschefin Kerstin Kaiser vorgeschickt, um eine alte Rechnung mit Christian Görke zu begleichen. »Das ist völlig abwegig«, sagte Sachse. Er habe sich die Angelegenheit lange - schon vor Weihnachten - überlegt und sich am vergangenen Sonntag dazu entschlossen, es zu machen. Er würde mit Christian Görke vertrauensvoll zusammenarbeiten, versichert Sachse. »Ich will eine Unterstützung für ihn sein und kein Stolperstein. Da gibt es überhaupt keinen Zweifel.«

Nach Darstellung Sachses tut es dem Landesverband gut, dass es mehrere Bewerber gibt. Er sage auch nicht, dass bisher alles schlecht gewesen sei, betont Sachse. Es gebe aber einige Dinge, die man besser machen könnte. Der 58-Jährige stellt auch klar: »Ich kandidiere niemals gegen jemanden innerhalb der Partei. Ich mache ein Angebot.«

Bis zur Bundestagswahl im September vergangenen Jahres war Bernd Sachse Wahlkreismitarbeiter der Abgeordneten Dagmar Enkelmann. Dass er seitdem erwerbslos gemeldet sei, spiele bei der Bewerbung als Landesgeschäftsführer keine Rolle, sagte Sachse. Er habe »keine Existenzangst«, könnte noch mehr als ein Jahr lang Arbeitslosengeld beziehen und hätte Zeit, sich beruflich anders zu orientieren. Er habe auch schon Zusagen für die nächsten Monate, deutete Sachse an. »Es gibt auf jeden Fall eine Perspektive für mich.«

In seiner Bewerbung schreibt Bernd Sachse: »Durchsetzungsvermögen und Loyalität in der Vorstandsarbeit sind für mich keine Gegensätze, sondern Ausdruck des Respekts und der Achtung gegenüber allen Mitstreitern.«

Die 36-jährige Andrea Johlige formuliert: »Wir sind derzeit wieder mitten in der politischen und organisatorischen Vorbereitung von entscheidenden Wahlkämpfen. Dies sehe ich als Schwerpunkt meiner Arbeit in den nächsten Monaten.«

Und der 53-jährige Jan Hanisch notierte: »Ich sehe meine Arbeit als Multiplikator zwischen dem Landesverband, der Fraktion und den Kreisverbänden. Entscheidungsprozesse der Landesverbandsebene müssen eine breite gemeinsame Gesprächsgrundlage haben und für alle nachvollziehbar sein.«

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