Militarisierung überwinden, Kriege verhindern

100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges kamen Friedensaktivisten in Verdun zusammen

  • Reiner Braun, Verdun
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Wochenende trafen sich Aktivisten und Politiker aus mehreren europäischen Ländern zum zweiten deutsch-französischen Friedensseminar in Verdun.

Nicht nur über die »Grausamkeiten des großen Krieges«, an die die Präsidentin des Pariser Mouvement de la Paix zum Auftakt der zweitägigen Veranstaltung erinnerte, wollten die Teilnehmer des Friedensseminars aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Holland und Luxemburg debattieren. Neue Kriege in Europa bzw. von europäischem Boden ausgehend, müssten verhindert werden, ergänzte etwa der Abgeordnete der französischen Kommunisten (PCF), Francis Wurtz: »Die Militarisierung von NATO und EU erhöht heute erneut die internationale Kriegsgefahr.«

Die NATO nahm in dem Seminar einen größeren Raum ein. »Es gibt keinen Frieden mit der NATO, diese Analyse muss durch Diskussionen um eine alternative Sicherheitspolitik ergänzt werden«, betonte Claudia Haydt, Mitglied des Vorstands der Europäischen Linken. »Es geht um Friedenspolitik, um reale Abrüstung und die Überwindung der Militarisierung.«

Die Teilnehmer waren sich einig, dass die EU von einer Interventionsfähigkeit à la Vertrag von Lissabon zu einer Politik des Friedens, der Abrüstung und der zivilen Konfliktbearbeitung und Lösung grundlegend verändert werden müsse. Das jetzige »Austeritätseuropa« sei weder friedens- noch zukunftsfähig.

Besonders kritisch wurde die Aufarbeitung des 1. Weltkriegs in den zentralen Ländern Europas diskutiert. Nationalistische Überheblichkeiten wie vom britischen Premier David Cameron, kriegerische Glorifizierung wie seitens des französischen Präsidenten François Hollande bei der Ankündigung der vielfältigen öffentlichen Veranstaltungen der französischen Regierung und das Leugnen der eigenen Kriegsschuld durch Politiker und Wissenschaftler in Deutschland prägen die offiziellen Ankündigungen im 100. Jahr nach dem Krieg. Das Ringen um historische Wahrheiten werde die Debatten dieses Jahres stark bestimmen.

Ludo de Brabander, von Vrede vzw aus Belgien, betonte die Notwendigkeit des Engagements der Friedensbewegung. Gerade die Ereignisse 1914 sowie das Umfallen der Gewerkschaften und der SPD zu einer Kriegspolitik, zeigen die Notwendigkeit eigenständigen Agierens. Dies soll wieder deutlich werden bei dem großen Peace Event im Juni in Sarajevo und bei den Anti-NATO-Protesten im September in Wales.

Der Erste Weltkrieg war mit einem Quantensprung in der technologischen Entwicklung der Kriegsmaschinerie verbunden. Ein solcher stehe uns heute wieder bevor, glauben die Friedensaktivisten. Diesmal geht es um die Roboterisierung und Automatisierung, die das Töten ohne menschlichen Eingriff ermöglicht. Die Entwicklung etwa von Drohnen müsse daher gestoppt werden.

Insgesamt müsse, so das Fazit, der politische Druck erhöht werden, um eine Umkehr hin zum Frieden und zu einer Überwindung der Institution Krieg zu erreichen. Diesem Ziel soll auch das gemeinsam vereinbarte dritte deutsch-französische Friedensseminar gewidmet sein, das am Wochenende in Freiburg stattfindet.

Reiner Braun ist Geschäftsführer der deutschen Sektion der Juristen und Juristinnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen (IALANA).

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