»Die EU ist militaristisch und unsozial«

Jan van Aken über europäische Kriegspolitik und das Europawahlprogramm der Linken

  • Lesedauer: 3 Min.
Können Linke Kriegseinsätze befürworten? Ist das Europawahlprorgramm zu EU-kritisch? Die Linke streitet einmal wieder mit sich selbst. Im Gespräch mit Thomas Schütt erklärt Jan van Aken (MdB), warum die Linke weiterhin Antikriegspartei bleibt.

nd: Innerhalb der Linken gibt es gerade einen mitunter heftig geführten Streit zur künftigen Position der Partei zu Militäreinsätzen. Viele sehen das strikte Nein der Linke zu Auslandseinsätzen als eines der letzten Alleinstellungsmerkmale der Linkspartei. Ihr Genosse Stefan Liebich ist jedoch der Meinung, dass sich die Bundeswehr auch an militärischen Einsätzen im Rahmen der UN-Charta beteiligen sollte. Wie sehen Sie das?»
van Aken: Stefan Liebich steht mit seiner Position ziemlich allein da. Die Linke ist eine Antikriegspartei und das ist auch gut so. Ich wüsste nicht ein Beispiel für ein militärisches Eingreifen in einen Konflikt, das die Situation besser gemacht hätte. Kriege müssen im Vorfeld verhindert werden und da geschieht viel zu wenig.

Im Südsudan stellt sich die gewählte Regierung als korrupt heraus und ein uralter ethnischer Konflikt bricht los. Es gibt Tausende Tote, eine Hungersnot. Wie soll man das mit friedlichen Mitteln lösen?«
Der Südsudan ist ein gutes Beispiel. Ich habe bereits vor zwei Jahren, kurz vor der Unabhängigkeit des Südsudans im Bundestag eine Rede gehalten, in der ich vor dem Ausbruch eines Bürgerkrieges warnte und zivile Schritte forderte. Nichts geschah. Das Auswärtige Amt hat fünf Mitarbeiter des zivilen Friedensdienstes in den Südsudan entsendet, fünf! Fünftausend bräuchte man. Es wenden sich Organisationen wie die ‚Nonviolent Peaceforce’ an uns, die die Situation vor Ort entschärfen könnten, wenn sie nur die nötigen Mittel hätten. Das würde übrigens auch viel weniger kosten als ein militärisches Eingreifen.

Auch bezüglich des Europawahlprogramms gibt es Streit bei den Linken. Die von Sahra Wagenknecht in den Entwurf eingebrachte Formulierung, die EU sei militaristisch und unsozial, stößt auf heftige Kritik. Gregor Gysi und viele andere distanzierten sich von dieser und anderen Formulierungen. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte, die Europafeinde seien die Linken und die AfD.
Zunächst einmal, es war nicht Sahra Wagenknecht, die das in den Entwurf gebracht hat.

Wer war es denn dann?
Das sage ich Ihnen nicht, aber Sahra Wagenknecht ist es nicht gewesen.

Wie würden Sie denn den Passus denn formulieren?
Die EU ist militaristisch und unsozial.

Wie bitte?
Sie haben sich nicht verhört. Durch den Lissabonvertrag werden die EU-Staaten zur Aufrüstung verpflichtet. Was ist das denn sonst als militaristisch? Und in Griechenland, Spanien, Portugal sehen wir, wie unsozial die EU agiert. Nur weil wir die Wahrheit sagen, sollen wir europafeindlich sein? Das Gegenteil ist der Fall. Die Linke ist klar für Europa, für ein friedliches und soziales Europa. Und wir wollen, dass Europa noch viel stärker zusammenwächst, als das bisher der Fall ist.

Vielen Dank für das Gespräch!

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