Mit Europa noch nicht im Reinen

Polarisierung ist beseitigt, Differenzen sind es nicht

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn am heutigen Sonnabend im Hamburger Congress Center der Europaparteitag der LINKEN beginnt, ist die Kuh bereits vom Eis. Jedenfalls mit den Vorderhufen. Über das Wahlprogramm wird es keine allzu konträren Auseinandersetzungen mehr geben, nachdem die größten Differenzen über die Präambel beseitigt wurden. Dafür sind Rangeleien um die Listenplätze für die Kandidatur zur Europawahl im Mai bereits ab Platz zwei vorauszusehen. Unumstrittene Spitzenkandidatin ist die langjährige Europapolitikerin und ehemalige Parteivorsitzende Gabriele Zimmer. Während über das Wahlprogramm ein Parteitag abstimmen wird, ist es eine Vertreterversammlung, die über die Kandidatenliste entscheidet. Zum Parteitag entsenden auch Zusammenschlüsse wie die Kommunistische Plattform ihre Delegierten, hingegen setzt sich die Vertreterversammlung allein aus den Delegierten der Bundesländer zusammen, was das Übergewicht des Ostens wegen der dortigen Stärke der Landesverbände noch erhöht. Viele befürchten nun, dies könnte für ein Übergewicht von sogenannten Ost-Reformern sorgen. Zugleich weisen Mitglieder immer wieder darauf hin, dass die Flügel in der Linkspartei sich nicht nach Ost- oder Westanbindung unterscheiden lassen.

Die unterschiedlichen Positionen über den europapolitischen Kurs der Partei sind trotz geglätteter Präambel immer wieder auszumachen. So erneuerte im nd-Interview der EU-Abgeordnete Jürgen Klute seine Kritik, die Linkspartei folge mit ihren Positionen zu Europa »ziemlich exakt« der Argumentation rechter Parteien. Wenn man »auf einer nationalstaatlichen Ebene argumentiert und immer aus der deutschen Position heraus«, dann sei das die gleiche Logik, die auch Rechtspopulisten vertreten, erklärte der LINKE-Politiker im nd-Interview (www.dasND.de/europalinks). »Das hat einen nationalistisch-chauvinistischen Touch und leider hat es auch nichts mit dem von der LINKEN so gern zitierten Internationalismus zu tun.« Klute, der seit 2009 im Europaparlament sitzt, war im Dezember vom Bundesausschuss der LINKEN nicht auf die Bewerberliste gesetzt worden, auf deren Basis die Partei am Wochenende in Hamburg ihre Kandidaten für die Europawahl im Mai bestimmt.

Sahra Wagenknecht sprach sich derweil für eine Auflösung des Euro aus. »So wie der Euro eingeführt wurde, funktioniert er nicht, sondern spaltet Europa«, sagte die Vizevorsitzende im Interview mit »Zeit Online«. Denkbar sei ein »neues Währungssystem mit stabilen Wechselkursen und Kapitalverkehrskontrollen«. Wagenknecht kritisierte die Europäische Union scharf. Diese bediene »vor allem die Interessen der großen Unternehmen und Banken.« Die Linkspartei wende sich gegen »eine Integration, die den Wohlstand der Mehrheit in Europa senkt«.

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