Alle vier Minuten kracht es

Unfallbilanz: Die Zahl der Verkehrstoten war 2013 so niedrig wie noch nie

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
37 Menschen kamen 2013 im Straßenverkehr ums Leben, so wenige wie noch nie. Jeder vierte Tote war über 64 Jahre alt.

Es war eine Premiere: Bei der gestrigen Präsentation des Verkehrssicherheitsbilanz für 2013 saß nicht nur Polizeipräsident Klaus Kandt auf dem Podium, flankiert wurde er von den Staatssekretären für Inneres und Stadtentwicklung, Bernd Krömer (CDU) und Christian Gaebler (SPD). Sie sollten den ernüchternden Bericht wohl mit so etwas wie einer politischen Botschaft anreichern. »Die Verkehrssicherheit genießt im Senat ein hohes Maß an Priorität«, versuchte Krömer, dem gerecht zu werden.

Eine gute Nachricht hatten die drei Herren zu verkünden. Die Zahl der im Straßenverkehr tödlich verunglückten Personen war mit 37 so gering wie noch nie. Im Jahr zuvor starben noch 42 Menschen. Damit ist die Gefahr, im Straßenverkehr getötet zu werden, im Vergleich zu den anderen Bundesländern in Berlin am geringsten. Pro eine Million Einwohner starben in Berlin neun, im Bundesdurchschnitt 37 Menschen.

Ansonsten stagnieren die Zahlen in Berlin auf hohem Niveau. Insgesamt wurde die Polizei wie im Vorjahr zu knapp 131 000 Unfällen gerufen, bei denen 14 441 Menschen leicht und 1905 schwer verletzt wurden. Hauptunfallursachen sind weiterhin Fehler beim Abbiegen, Nichtbeachten der Vorfahrt, nicht angepasste Geschwindigkeit und Fahren unter Alkoholeinfluss. Über 70 Prozent der Karambolagen wurden von Pkw-Fahrern verursacht, knapp vier Prozent von Radfahrern und 1,2 Prozent von Fußgängern.

Die beiden letzteren Gruppen tragen weiter das höchste Risiko im Straßenverkehr, auch wenn die Zahl der getöteten Fußgänger um drei auf 14, die der getöteten Radfahrer sogar um sechs auf neun zurückging. Die Polizei registrierte auch hier weniger Unfälle, wobei etwa die Hälfte der Karambolagen von ihnen selbst verursacht wurden: Bei Radlern vor allem, weil sie sich entgegen der Fahrtrichtung bewegten oder Fehler beim Einfädeln in den fließenden Verkehr machten, bei Fußgängern, weil sie den Fahrzeugverkehr missachteten oder die Ampelfarbe.

Zu den Risikogruppen zählt die Polizei auch Kinder und Senioren. So verunglückten 735 Kinder bis 14 Jahre (55 weniger), eines davon tödlich. Die Generation 65plus verursachte mit 13 960 Unfällen so viele wie noch nie, worin sich laut Krömer der demografische Wandel widerspiegele. Die Folgen sind oft besonders schwer: Jeder vierte Verkehrstote und jeder 8. Schwerverletzte war älter als 64.

Krömer sieht weiterhin einen »erheblichen Kontrollbedarf«, auch wenn manche von »Jagd« oder »Abzocke« sprechen würden. »Wer mit angepasster Geschwindigkeit fährt, kann auch nicht geblitzt werden.« Indirekt monierte er, dass die Höhe der Bußgelder in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern immer noch sehr niedrig sei. Gegen Raser unter den Autofahrern wurden von der Polizei 787 000 Strafen verhängt. Bei 12,4 Millionen Geschwindigkeitsmessungen waren 5,5 Prozent der Fahrer, also jeder 18. zu schnell. 180 000 Temposünder wurden durch stationäre Blitzer erwischt, allein die Hälfte davon im Britzer Autobahntunnel. Den Negativrekord hielt ein Raser, der in der Lichtenberger Rhinstraße mit 166 Stundenkilometern statt der erlaubten 50 geblitzt wurde. In einer 30er-Zone erwischte die Polizei einen Fahrer mit 100 Stundenkilometern.

Betrunkene oder unter Drogen stehende Autofahrer werden in Berlin nur selten von der Polizei ertappt. Polizeipräsident Kandt räumte ein, dass es gerade beim Fahren unter Alkohol- und Drogeneinfluss eine hohe Dunkelziffer von nicht entdeckten Verstößen gebe. Nur jede 400. Fahrt eines betrunkenen Menschen am Steuer und jede 1000. Fahrt unter Drogeneinfluss werde von der Polizei gestoppt, schätzt Kandt. »Das ist leider wenig.«

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