Leerstand in Schönheit

Zahlreiche Kirchen wurden aufwendig saniert - häufig fehlen aber zahlungsfähige Nutzer

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Bild der Mark Brandenburg wird unter anderem geprägt durch seine zahlreichen Kirchen. Viele von ihnen harren noch der Sanierung, und da die Zahl der Gläubigen abnimmt, stehen viele Bauten leer.

Rund 250 evangelische und 66 katholische Kirchen zählt die Landesdenkmalliste in den Städten und den größeren Orten Brandenburgs. Hinzu kommen 1489 zumeist evangelische Dorfkirchen und 257 Pfarrhäuser. Zur Zeit des Mauerfalls befanden sich sehr viele Kirchen und Kapellen in der Mark in einem schlechten bis katastrophalen Zustand - Kriegszerstörungen, Ressourcenmangel, öffentliche Geringschätzung und Schlendrian hatten überall Spuren des Verfalls hinterlassen.

Seit 1990 wurden auf dem Gebiet Brandenburgs rund 1100 Kirchen und Kapellen saniert oder teilsaniert. Darüber informierte jetzt Kulturministerin Sabine Kunst (SPD) in Potsdam. Hinzu kämen etwa 30 Kirchen, die bis 1990 so heruntergekommen waren, dass sie entweder nicht oder nur teilweise nutzbar gewesen sind. Sie wurden in den vergangenen 25 Jahren renoviert. Die Ministerin nannte als Beispiele die Kirchen in Beeskow, Müncheberg, Rathenow. Die Katholische Kirche habe nach der Wende auf brandenburgischem Territorium sieben Kirchen neu errichtet. Für kirchliche aber auch kulturelle Zwecke genutzt werden ihren Angaben zufolge die Klöster und säkularisierte Kirchen in Brandenburg/Havel, Chorin, Heiligengrabe, Neuzelle und Zinna sowie die Klosterkirche in Luckau.

Die Evangelische Kirche habe nach 1990 bislang keinen Kirchenbau vollständig neu errichtet. So handele es sich bei ihrem Neubau im Potsdamer Kirchsteigfeld um ein Gemeindezentrum. Und die der Braunkohle gewichene Kirche in Horno sei am neuen Standort in »Neu-Horno« unter Verwendung von Teilen der alten Kirche gebaut worden.

Weil der Bau- und Sanierungsbedarf die Kraft der Kirchengemeinden »vor Ort« meistens überstiegen hat, wurden laut Kunst bei fast jedem Bauprojekt Spenden eingeworben. Die Landesregierung habe nach Möglichkeit Fördermittel gewährt.

Trotz aller Anstrengungen sind nach Einschätzung der Evangelischen Kirche noch immer 50 ihrer Gotteshäuser bestandsgefährdet. Bei weiteren rund 200 sieht sie einen hohen Sanierungsbedarf. Nur rund 30 Prozent Ihrer Sakralbauten befinden sich aus Sicht der Katholischen Kirche in einem guten Bauzustand, 70 Prozent in einem befriedigenden. Und das Landesamt für Denkmalpflege sowie das Archäologische Landesmuseum sehen bei sieben von 34 Klosteranlagen einen dringenden Sanierungsbedarf. Zwei der Bauten - das Brauhaus von Himmelpfort und die Klosteranlage Mariensee bei Chorin - seien gar »im ungesicherten Zustand bestandsgefährdet«. Das Fazit der Ministerin lautet: »Damit sind insgesamt 20 Prozent der Anlagen noch zu sanieren«.

Die aufwendige Rettung und Sanierung zahlreicher Kirchen steht im Kontrast zu deren fortschreitendem Bedeutungsverlust. Laut Kunst sind derzeit zehn Dorfkirchen ungenutzt, in 33 Kapellen finden in der Regel keine Gottesdienste mehr statt. Das gleiche gelte für die zwölf Hospitalkapellen. Die 24 Klosterkirchen seien zu Pfarrkirchen umgewandelt worden, die 17 Klöster würden »in der Regel nicht mehr als solche genutzt« und die 117 Friedhofskapellen seien »in der Mehrzahl heute im kommunalen Eigentum«. Allerdings handle es sich dabei um Angaben für die Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz, so die Ministerin. Es gebe auch Regionen, die zur mitteldeutschen Kirche in Sachsen und zur Evangelisch-lutherischen Kirche in Norddeutschland gehören.

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