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Nanoleiter ohne Widerstand

Kohlenstoff im Bienenwabenmuster hat besondere elektrische Eigenschaften

  • Elke Bunge
  • Lesedauer: 3 Min.

Computer, Laptops, Handys - die elektronischen Geräte, die unseren Alltag umgeben, werden immer kleiner. Bereits 1965 erklärte Gordon Moore, ein Mitbegründer von Intel, dass sich bei sinkenden Kosten die Zahl der Transistoren auf einem einzelnen Chip alle 24 Monate verdoppeln werde. Dieses Postulat ist seit Beginn der 1970er Jahre als Moore’sches Gesetz bekannt und seine Auswirkungen spürt man Jahr für Jahr in immer leistungsfähigeren und kleineren technischen Geräten des Alltags. Doch die Forscher stoßen inzwischen an physikalische Grenzen und das fundamentale Gesetz der Halbleitertechnologie scheint ins Wanken zu geraten. Ein entscheidender Grund dafür ist die hohe Wärmeentwicklung auf immer kleinerem Raum. Jens Baringhaus vom Institut für Festkörperphysik (ATMOS) der Leibniz-Universität Hannover ist es nun in Kooperation mit Wissenschaftlern aus den USA und Frankreich erstmals gelungen, hauchdünne Leiterbahnen herzustellen, die Strom selbst bei Zimmertemperatur ohne Widerstand leiten und damit keine Wärme an die Umgebung abgeben.

Wenn in Kabeln oder elektronischen Bauelementen ein Strom fließt, bewegen sich Elektronen durch das Material. Bei dieser Bewegung kommt es zu unkontrollierten Bewegungen der Elektronen, in der Physik als Streuung der Elektronen bezeichnet. Je feiner jedoch der Leiter, desto geringer wird die Streuung. Um diese Streuung zu vermeiden, entwickelten die Forscher Graphen-Nanostrukturen, deren Dicke nur einem einzelnen Kohlenstoffatom entspricht und die insgesamt auch nur 40 Nanometer breit sind. Diese schmalen Streifen aus Graphen befinden sich auf einem Trägermaterial aus Siliziumkarbid (siehe Abbildung). Wie Walt de Heer, Coautor vom Georgia Institute of Technology, erläutert, wurden diese schmalen Streifen direkt auf der Unterlage erzeugt, in die man zuvor die gewünschten Leiterzüge geätzt hatte. Wenn das Siliziumkarbid auf etwa 1000 Grad Celsius erhitzt wird, wandern die Siliziumatome von den Kanten weg und der Kohlenstoff kann sich zu schmalen Graphenstreifen vernetzen. Aufgrund seiner hervorragenden elektrischen Leitfähigkeit, kombiniert mit einer hohen chemischen und mechanischen Stabilität, bekommt dieses Material seine besonderen elektronische Eigenschaften.

Die Wissenschaftler testeten in umfangreichen Untersuchungen den Widerstand der von ihnen erzeugten Graphen-Streifen. Diese nur etwa zehn Atome breiten Streifen wurden mit einer hochauflösenden Mikroskop-Kombination aus Rastertunnelmikroskop und Rasterelektronenmikroskop untersucht. Dieses High-Tech-Gerät liefert mikroskopische Bilder, kombiniert mit elektrischen Leitfähigkeitsmessungen auf atomarer Skala. Weltweit sind zurzeit etwa 20 dieser speziellen Apparaturen im Einsatz. Das Ergebnis der Forscher, das im britischen Fachjournal »Nature« (DOI: 10.1038/nature12952) veröffentlicht wurde: Der Widerstand ist um das Tausendfache geringer als bei herkömmlich produzierten Graphenstreifen und der Transport der Elektronen findet somit ohne Abgabe von Wärme statt. »Für etwaige zukünftige Technologien ist dabei besonders interessant, dass dieser verlustfreie Transport auch bei Raumtemperatur beobachtet werden konnte«, erklärt Baringhaus.

Das neuartige Material sieht einer großen Zukunft entgegen. Kohlenstoff ist in Mengen vorhanden. Graphen lässt sich einfach und preiswert produzieren, und auch die daraus angefertigten Streifen der Forscher sind einfach herstellbar. Eine Kombination von Silizium und Graphen im Halbleiter ist problemlos möglich, so dass einem baldigen Einsatz in Computern, Laptops oder Handys nichts im Wege stehen sollte. De Heer allerdings erwartet künftig neuartige Schaltungen, die die spezifischen Eigenschaften des Graphens optimal nutzen. So oder so könnten dann nervige Lüfter in Computern oder aufgeheizte Laptops der Vergangenheit angehören.

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