Molotov-Cocktails für Mónica und Francisco

In Spanien sitzen seit November 2013 zwei chilenische Anarchist*innen im Gefängnis

  • David Rojas-Kienzle
  • Lesedauer: 3 Min.
Von Chile über Spanien bis nach Deutschland solidarisieren sich Anarchist*innen mit Mónica Caballeros und Francisco Solar. In die Medien brachte sie zuvor bereits der »Caso Bombas«.

»Solidarität mit den fünf Anarch@s!« So hieß auf einem Transparent, das am 23. November 2013 vom Berliner Dom hing. Von Madrid über Barcelona bis nach Berlin werden seit Monaten Solipartys organisiert. Andere Aktionen waren weniger harmlos: In Sevilla brannte am 4. Januar eine Kirche, in Santiago de Chile wurde am 1. Januar ein Polizeikommissariat mit einem Sprengsatz angegriffen und in Berlin-Neukölln am 6. März eine Santander-Bank mit Molotov-Cocktails beworfen. Die Aktionen in Solidarität mit Mónica Caballeros (25) und Francisco Solar (34) reißen nicht ab.

Mónica und Francisco sind zwei Anarchist*innen aus Chile, die am 13. November 2013 in Barcelona zusammen mit drei weiteren Beschuldigten festgenommen wurden. Sie sollen einen Brandanschlag gegen die Básilica del Pilar in Saragossa begangen haben. Die Jungfrau Pilar ist die Schutzheilige Spaniens, der Monarchie und der spanischen Gendarmerie. Der Anschlag war laut Bekennerschreiben damit ein symbolischer Akt gegen den Staat und die Polizei, außerdem gegen die katholische Kirche wegen ihrer Komplizenschaft mit Staat und Kapital und mit der Militärdiktatur Francos.

Sollte es zu einer Verurteilung kommen, drohen Mónica und Francisco 15 bis 20 Jahre Gefängnis. Während die drei anderen Festgenommenen unter restriktiven Auflagen schnell freikamen, sitzen die zwei Chilen*innen immer noch im Knast.

Genauso international wie die Solidarität, die die zwei erfahren, ist auch ihre Verfolgung durch Strafbehörden. Die Verhaftung erfolgte nach Angaben der spanischen Zeitung »La Razón« in Zusammenarbeit zwischen spanischer und chilenischer Polizei. Der spanische Innenminister erklärte, dass die beiden »wegen ihrer kriminellen Geschichte in Chile« bekannt seien. Der chilenische Innenminister Andrés Chadwick ist laut Presseberichten »zufrieden mit den Verhaftungen«.

Auch die chilenischen Strafverfolgungsbehörden hatten bereits einmal vergeblich versucht, die zwei Anarchist*innen zu verurteilen. Mónica und Francisco waren in Chile von August 2010 an für acht Monate in Untersuchungshaft. Ihnen wurde vorgeworfen, zusammen mit zwölf weiteren Angeklagten von 2005 bis 2010 mehr als 100 Anschläge auf Banken, Regierungsgebäude und Polizeistationen verübt zu haben, wobei ein organisatorischer Zusammenhang dieser Aktionen nicht zu belegen ist. Trotz massiver Überwachung und dem Rückgriff auf ein Antiterrorgesetz aus der Zeit der chilenischen Militärdiktatur, das unter anderem die Benennung anonymer Zeug*innen ermöglicht, gelang es der Staatsanwaltschaft nicht, die Schuld der 14 Angeklagten zu beweisen. Das »Caso Bombas« genannte Gerichtsverfahren endete mit Freisprüchen für alle Angeklagten und gilt mittlerweile als Justizskandal, da ein Großteil der von der Staatsanwaltschaft vorgebrachten Beweise vom Gericht nicht anerkannt wurden. Unter anderem waren Fahrräder als Indizien herangezogen worden, genauso wie der Besitz anarchistischer Literatur. Nach dem Ende des Verfahrens wanderte Francisco nach Spanien aus, um dort mit einem Stipendium weiter Anthropologie zu studieren.

Die »kriminelle Geschichte« der beiden ist also mehr eine Geschichte der Kriminalisierung linker Aktivist*innen, die sich in Spanien fortsetzt. Dieser Fall ist nur die Spitze des Eisbergs an repressiver Politik, wie der massiven Verschärfung des Demonstrationsrechts, die spanische soziale Bewegungen gerade erleben.

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