Derbe Jungs im Abstiegskampf

Energie Cottbus ist heiß auf den 1. FC Union Berlin

Auch im Fußball zählt: Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Ganz besonders gilt das in dieser Saison für den FC Energie Cottbus. Der Abstiegskampf ist ohnehin schon ein raues Geschäft. Wenn man aber nach zwei Dritteln der Spielzeit als Tabellenletzter 13 Zähler Rückstand auf den ersten Nichtabstiegsplatz hat, wird es richtig derbe. Helfen könnten in dieser Situation derbe Jungs.

Gedacht? Getan! Nachdem die Trainer Rudi Bommer (3 Siege in 13 Spielen) und Stephan Schmidt (0 Siege in 9 Spielen) genug Unheil angerichtet hatten, machte der FC Energie Ende Februar Jörg Böhme zum Chefcoach; und René Rydlewicz zu dessen Assistenten. Die Bilanz: 3 Siege in 5 Spielen - der Rückstand auf Platz 15 ist auf sieben Punkte geschmolzen. Und vor dem Spiel am Montagabend beim 1. FC Union Berlin ist Böhme sicher, »dass wir wieder alles raushauen«.

Der siebtklassige SC Herford war Böhmes bisher einzige Station als Chefcoach, Rydlewicz war bislang Co-Trainer im Jugendbereich. Der fehlende Eignungsnachweis machte die neue Lösung auf der Trainerbank für den finanzschwachen Klub zumindest zu einer günstigen. Die Hoffnung auf Erfolg muss etwas anderes ausgelöst haben. Vielleicht die Ahnung, dass beide einen Mentalitätswechsel in der zu brav auftretenden Mannschaft bewirken können. Kämpfen, hauen, stechen, kratzen, beißen - jene im Abstiegskampf hilfreichen Mittel vergaß Energie zu oft in der Kabine.

Böhme und Rydlewicz waren erfolgreiche Fußballer. Linksfuß Böhme darf sich auch ohne Turniereinsatz Vizeweltmeister 2002 nennen. Rydlewicz kann auf 278 Bundesligaspiele zurückblicken. Gemeinsam haben beide, dass sie zu den unkonventionellen Profis gehörten. Sie widmeten sich dem Nachtleben teilweise ebenso exzessiv wie ihrem Sport. Suspendiert wurden sie von ihren Vereinen dafür mehrmals.

Härtere Strafen erteilte ihnen das Leben abseits des Fußballplatzes. In seiner Zeit beim FC Hansa soll sich Rydlewicz mit der Rostocker Unterwelt eingelassen haben, sein Name tauchte in Verbindung mit einem international operierenden Menschenhändlerring auf. Er wurde erpresst, 20 000 Euro soll er gezahlt haben und fand sich eines Nachts im Wasser der Warnow wieder. Böhme ist sogar vorbestraft. Anfang der 90er Jahre verdiente er sich als Schuldeneintreiber etwas dazu. Verurteilt wurde er 1997 wegen schwerer Körperverletzung zu sechs Monaten auf Bewährung. Ihre Lehren hätten sie gezogen, sagen beide. Ihre einschlägigen Erfahrungen geben sie jetzt in Cottbus weiter.

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