Fall Edathy: BKA-Chef erneut im Innenausschuss

Wann wusste das Bundeskriminalamt von Vorwürfen gegen den früheren SPD-Politiker? Grünen-Politiker von Notz: Es haben sich immer neue Fragen ergeben

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Berlin. Im Zusammenhang mit dem Fall des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy wird der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, am Mittwoch erneut im Innenausschuss des Bundestags aussagen. Das berichtet die »Mitteldeutsche Zeitung« unter Berufung auf den Ausschussvorsitzenden Wolfgang Bosbach (CDU). Neben Ziercke sollen auch ein Abteilungsleiter und vier weitere BKA-Beamte in dem Parlamentsgremium aussagen. Es geht um den anhaltenden Verdacht, das BKA habe deutlich eher von den Kinderpornografie-Vorwürfen gegen Edathy gewusst, als es bisher behauptet wurde.

»Die bisherigen Befragungen im Innenausschuss«, sagte der Grünen-Politiker Konstantin von Notz, hätten »den Abgeordneten insgesamt kaum mehr Klarheit gebracht. Im Gegenteil: Statt die bestehenden Unklarheiten aufzulösen, haben sich im Zuge der Sitzungen immer neue Fragen ergeben«. Während Vertreter der Großen Koalition »nach der letzten Sitzung des Innenausschusses bereits erklärten, dass sie keinerlei Fragen mehr hätten, haben wir stets auf eine weitere, vollständige Aufklärung gedrängt«, so der Abgeordnete.

Nach bisherigem Angaben des BKA wurde Edathy erst am 15. Oktober 2013 als Mitglied des Bundestages offiziell identifiziert. Offiziell will das BKA erst durch einen Hinweis der Justiz in Niedersachsen davon erfahren haben. Inzwischen geht man aber davon aus, dass das Bundeskriminalamt weit früher davon gewusst haben musste. So soll »ein einschlägiger Hinweis schon im Zuge eines Brandschlags auf ein Bürgerbüro des einstigen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy im Dezember 2012« aufgetaucht sein, so die »Mitteldeutsche Zeitung«.

Aus einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen geht zudem hervor, dass der Name »Sebastian Edathy« von verschiedenen Beamten des BKA in Verbindung mit dem Betreff »Besitz / Erwerb von Kinder- / Jugendpornografie / OP-Selm« mehrfach aufgerufen worden sein soll. Die Beamten hätten »gezielt nach dem damaligen Mitglied des Bundestages gesucht, wenn auch in anderem Zusammenhang«, heißt es bei dem Grünen-Politiker Konstantin von Notz. »Und das zu einem Zeitpunkt als Sebastian Edathy als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschuss besonders prominent war.«

Bei den Beratungen über den Fall im Innenausschuss des Bundestags am 19. Februar 2014 sowie am 21. Februar 2014 waren nach Ansicht von Notz »eine Reihe von Fragen offengeblieben oder zumindest nicht hinreichend präzise und umfassend beantwortet worden«. Edathy hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe stets bestritten. Der Fall hatte zum Rücktritt des früheren Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) aus dem Amt des Agrarministers. Unklar geblieben ist auch, ob Edathy von Ermittlungen gegen ihn womöglich aus Kreisen der SPD-Spitze erfahren haben könnte.

Die rot-grüne Landesregierung in Hannover hat inzwischen den Oppositionsparteien CDU und FDP zumindest in Teilen Einsicht in ihre Akten zur Edathy-Affäre gestattet. Sie reagierte damit am vergangenen Dienstag auf einen CDU-Antrag des Landtagsausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen. Bereits am 20. Februar hatten die CDU-Abgeordneten im niedersächsischen Landtag Einsicht in alle Akten der Ministerien sowie der nachgeordneten Behörden - damit auch die der ermittelnden Staatsanwaltschaft Hannover - gefordert. Dieser Aufforderung will die Landesregierung aber nicht nachkommen. Einzig gesichtete Unterlagen aus der Staatskanzlei sowie dem Innen- und Justizministerium würden dem Ausschuss zunächst zur Verfügung gestellt, sagte eine Sprecherin. Von der Einsicht ausgeschlossen seien dagegen sämtliche Ermittlungsakten, die in dem laufenden Verfahren von Polizei und Staatsanwaltschaft bearbeitet würden.

Die bayerische Staatsregierung will derweil bei ihrer Kabinettssitzung am Dienstag eine geplante Bundesratsinitiative gegen den Handel mit Nacktfotos von Kindern. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Kollegen wollen in Berlin ein generelles Verbot durchsetzen. Analog zum bisherigen Straftatbestand der Kinderpornografie sollen Kauf, Verkauf und Tausch von Kindernacktfotos mit bis zu zwei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe bestraft werden können. Auslöser ist der Fall des SPD-Politikers Sebastian Edathy, der solche Fotos aus Kanada bezogen hatte. Agenturen/nd

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