»Ein Land der Kellner und Dienstboten«

Der spanische Schriftsteller Rafael Chirbes hat der EU einiges vorzuhalten

Rafael Chirbes, geboren 1949 in Tabernes de Valldigna bei Valencia, gehört zu den bekanntesten spanischen Autoren. Seit seinem ersten Roman »Mimoun«, in dem er gegen die Verdrängung der Geschichte nach Francos Tod anschrieb und sich mit der faschistischen Vergangenheit auseinandersetzte, hat er in zahlreichen weiteren Werken wie »Die schöne Schrift«, »Der Schuss des Jägers«, der »Madrider Trilogie« oder »Krematorium« ein Panorama der spanischen Gesellschaft entworfen. In seinem neuesten Roman »Am Ufer« (Verlag Antje Kunstmann, München 2014) erzählt er von den Verlierern und den Verheerungen, die die geplatzten Immobilienträume an der spanischen Mittelmeerküste angerichtet haben. Ruth Renée Reif hat mit dem Schriftsteller gesprochen.

nd: Herr Chirbes, die Immobilienträume aus Ihrem Roman »Krematorium« verwandeln sich in Ihrem neuen Buch »Am Ufer« in einen Sumpf. War dieser Zusammenbruch vorauszusehen?
Chirbes: Dass die Immobilienblase irgendwann platzen würde, war zu erwarten. Nach der Deindustrialisierung in den achtziger Jahren, die unter europäischer Ägide stattfand, und nach der Entwertung der Landwirtschaft hatte sich das Land dem Abenteuer verschrieben, die Rentner und Sommerfrischler des übrigen Europas zu beherbergen. War es nicht das, was man für Spanien vorgesehen hatte: Ein Land der Kellner und Dienstboten, das an der Meeresküste billig Licht und Wärme bot. Es galt, den Millionen von Mitbürgern, die sich, einer über dem anderen, hier niederlassen wollten, Häuser zu bauen.

Die Erwartungen erfüllten sich nicht: Die einen haben uns verlassen, weil unsere Küsten am Ende überfüllt waren und sie Kroatien oder die Türkei vorzogen, die anderen, weil s...



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