Der laotische Traum von der Eisenbahn

Laos und China wollen den Zug aufs Gleis setzen

  • Alfred Michaelis, Vientiane
  • Lesedauer: 2 Min.
Wenn der laotische Premierminister Thongsing Thammavong (69) dieser Tage zum Besuch in der Volksrepublik China weilt, steht auf seinem Merkzettel ganz oben der Punkt »Eisenbahn«.

Laos, in der Mitte der indochinesischen Halbinsel gelegen und ohne Zugang zum Meer, möchte Gewinn aus seinem Nachteil ziehen und vom Binnen- zum Transitland werden. Die Vergleiche zur Schweiz sind schnell bei der Hand. Im Gegensatz zur Eidgenossenschaft hat die Volksrepublik bisher jedoch nur wenig an Transitwegen zu bieten. Straßen winden sich schier endlos um die Berge, kein Tunnel und keine talüberspannende Brückenkonstruktion verkürzt sie. Ganze dreieinhalb Kilometer Eisenbahn führen von der thailändisch-laotischen Freundschaftsbrücke über den Mekong zum Bahnhof unweit der Hauptstadt Vientiane. Am besten in Schuss sind wohl die Luftkorridore für den Überflug, etwa die viel beflogene Route A1 von Bangkok nach Hongkong.

Das soll sich ändern. Da treffen sich die Ambitionen der laotischen Führung mit Chinas Exportbestrebungen. Die Staatsfirma China Railways hat vor allem die asiatischen Nachbarn im Visier: Die Strecke von der chinesischen Grenze bis nach Vientiane soll zur ersten Etappe der Verbindung China-Singapur werden. Laos und China hatten schon 2010 die Machbarkeit untersucht und Vorstellungen entwickelt, wie das Mammutprojekt zu finanzieren wäre. Denn es geht um ein Projekt im Umfang von etwa drei Vierteln des jährlichen laotischen Bruttosozialprodukts, umgerechnet rund 5,5 Milliarden Euro.

Im benachbarten Thailand allerdings wechselten mit den Regierungen auch die Stimmungen in Sachen Bahnbau. Als schließlich China seinen Eisenbahnminister schasste, konnte auch eine im Oktober 2012 eilig einberufene Sondersitzung des laotischen Parlaments, die das Projekt in den Rang höchster staatlicher Priorität hievte, nicht verhindern, dass fortan gar nichts passierte. Seitdem gab es regelmäßig wortreiche Erklärungen aus Laos wie aus China, doch das Geld hatte niemand parat.

Nun bringt der Besuch von Premier Thongsing beim großen Nachbarn frischen Wind in die Diskussion. Laos sieht das Projekt vorankommen. In Chinas Medien blieb das Echo indes verhalten. Man sprach lediglich von der Bereitschaft zur Aufnahme von Verhandlungen. Für Laos sind die sogenannten Megaprojekte, von denen das Bahnprojekt der dickste Brocken ist, Grundlage für das Erreichen der eigenen Entwicklungsziele. Die basieren auf wenigstens 8 Prozent Wachstum pro Jahr, wozu Investitionen dringend nötig sind. Fällt ein Großvorhaben aus, steht es um das Gesamtziel schlecht. Dabei warnen Experten vor einer Überschuldung des Landes. Wird die Bahn zu den bisher diskutierten Bedingungen gebaut, wächst der Anteil der Schuldentilgung auf mehr als ein Fünftel des Bruttosozialprodukts.

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