Der Borkenkäfer ist los

An den Grenzen des Nationalparks Schwarzwald beginnt die Jagd auf den Fichtenschädling - um ein Übergreifen auf weitere Flächen zu stoppen

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Jagdsaison ist eröffnet, die Beute kurz vor dem Abflug: Der Borkenkäfer ist los. Zwölf Mitarbeiter des Nationalparks Schwarzwald haben die Tiere fest im Blick.

Karlsruhe. Kurz bevor die Schädlinge ausschwärmen, tun dies auch ihre Feinde: Seit Anfang April machen sich zwölf Mitarbeiter des Nationalparks Schwarzwald bewaffnet mit Fernglas und GPS-Gerät auf die Suche nach dem großen achtzähnigen Fichtenborkenkäfer. Das Insekt ist ein gefürchteter Schädling in Fichtenwäldern und der größte Zankapfel in der seinerzeit so erbitterten Debatte um den Nationalpark. Das vier, fünf Millimeter große, behaarte, klebrig aussehende Tierchen ist fertig mit dem Winterschlaf und brütet gerade unter der Rinde der Fichten. Und einige fliegen schon.

Jörg Ziegler ist im Nationalpark für das sogenannte Borkenkäfermanagement zuständig. Seine zwölf Mitarbeiter sind tagtäglich in einer 500 Meter breiten Pufferzone zwischen dem Nationalpark und den angrenzenden Privat- und Kommunalwäldern unterwegs. In dieser Schneise soll der ungeliebte Schädling, der nur Fichten über 50 Jahre befällt, möglichst früh entdeckt und seine Verbreitung bis Oktober engmaschig kontrolliert und eingedämmt werden - bevor er übergreift.

Auf der Käferjagd achten die Männer auf eine Art Sägemehl, das beim Einbohren des Tieres in den Baum entsteht, herabrieselt und in den Furchen der Rinde gut zu sehen ist. Und sie betrachten durch ihre Ferngläser den Bereich unterhalb der Baumkrone. Sind dort auch noch Löcher des Spechtes zu sehen, der auf Suche nach den schmackhaften Käferchen pickt, »dann ist es allerhöchste Zeit«, sagt Ziegler. Der Baum wird per GPS markiert, wenig später gefällt. Innerhalb von 14 Tagen muss der Baum dann aus der Pufferzone verschwinden.

Ein guter Plan, oder? Aber Walter Dürr klingt skeptisch. Er leitet die Forstverwaltung Murgschifferschaft mit einem rund 5400 Hektar großen Privatwald. Rund 3000 Hektar davon befinden sich zwischen den beiden Gebieten des Nationalparks Schwarzwald - die größte an den Nationalpark angrenzende Waldfläche. »Ich mache mir dieses Jahr sehr viele Sorgen«, sagt er. 2013 bereits hätten die Schäden durch Borkenkäfer merklich zugenommen: Rund 2200 Festmeter sogenanntes Käferholz hätten geschlagen werden müssen, fünf Prozent des gesamten Holzschlags mit 40 000 Festmetern. 2012 waren in dem Revier nur 600 Festmeter Käferholz angefallen. Das habe zwar zunächst nichts mit dem Nationalpark zu tun, aber: »Die Frage ist jetzt: Wenn der Befall mit Borkenkäfern im Nationalpark irgendwann explodieren sollte - reicht dann die 500-Meter-Pufferzone noch aus?«

Eine eindeutige Antwort geben die über 40 Jahre alten Erfahrungen des ältesten deutschen Nationalparks mit dem Borkenkäfer: »Wir können ganz klar zeigen, dass wir mit der Pufferzone den Borkenkäfer in Schach halten können«, sagt Jörg Müller, Vize-Chef des Nationalparks Bayerischer Wald. Dort sind bis Oktober bis zu 40 Mitarbeiter auf Achse, um in der Pufferzone befallene Bäume zu entdecken und zu fällen. dpa/nd

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