Die Saison ist vorbei

Bergsteiger verlassen das Basislager auf der Südseite des Mount Everest

  • Lesedauer: 3 Min.
2014 wird der höchste Berg der Welt nicht erklommen, zumindest nicht von der nepalesischen Seite. Alle Teams blasen ihre Vorhaben ab. Gründe sind Trauer, Respekt vor den Toten - und Drohungen.

Kathmandu. Nach dem schweren Lawinenunglück mit 16 toten Nepalesen am Mount Everest machen sich alle Bergsteiger auf der Südseite des Berges auf den Rückweg. Der Everest sei nicht offiziell geschlossen worden, aber alle Teams packten zusammen, sagte Dipendra Poudel vom nepalesischen Tourismusministerium am Sonntag in Kathmandu. Es könnte 2014 dennoch Gipfelbesteigungen geben, da mehrere Teams auf der tibetischen Nordseite aufsteigen.

»Wir hatten keine andere Wahl, als uns zurückzuziehen«, sagte Guy Cotter, Leiter einer neuseeländischen Expedition. Eine kleine Gruppe Sherpas habe die Tragödie und die Aufmerksamkeit genutzt, um Forderungen nach mehr Geld und Einfluss vorzubringen. Das Problem bestehe nicht zwischen den Sherpas und den westlichen Teams, sondern den Sherpas und der Regierung Nepals, sagt Gordon Janow, Programmdirektor bei Alpine Ascents aus den USA.

Zahlreiche westliche Bergführer berichteten, ihre Sherpas, die nach der einwöchigen Trauerperiode weiterlaufen wollten, seien von der radikalen Gruppe bedroht worden. »Unseren Sherpas wurde gesagt: Wir brechen euch eure Beine, wenn ihr in den Eisfall geht«, schrieben Alex Schneider und Sam Chappatte auf Twitter. Auch seien die Sherpas gewarnt worden, dass ihren Familien etwas passiert, so Bergsteiger Scott Mackenzie aus dem Basislager. Mehrere Sherpas sagten hingegen, sie wollten aus Respekt vor ihren toten Freunden in dieser Saison nicht weitergehen. Für die meisten Expeditionen ist es unmöglich, den Berg ohne die Unterstützung lokaler Bergführer und Träger zu erklimmen.

Nepals Regierung war den Forderungen der Sherpas im Basislager letzte Woche nachgekommen und hatte mehr Geld für Verletzte und höhere Zahlungen an ihre Familien im Todesfall zugesagt. Trotzdem entspannte sich die Situation nicht.

Ang Jangbu, Expeditionsleiter der International Mountain Guides, schrieb in seinem Blog, das gesamte Wochenende lang seien Helikopter in Camps oberhalb des Basislagers geflogen. So sei Material, das bereits dort deponiert war, ins Tal transportiert worden. Das könnte ein Präzedenzfall sein, denn es sei das erste Mal, dass die Behörden Materialflüge oberhalb des Basislagers erlaubten.

Bislang mussten Sherpas mit all dem Gepäck für die Expeditionen bis zu zwei Dutzend mal durch den extrem gefährlichen Khumbu-Eisbruch hoch und runter laufen. Dort riss am Karfreitag die Lawine 23 Männer davon. 13 wurden tot geborgen, drei sind noch immer unter Schnee und Eis verschüttet, sieben wurden verletzt geborgen.

Unklar ist, wie es nächstes Jahr weitergeht. Die Expeditionen würden zurückkommen, schließlich gebe es nur einen Everest auf der Welt, sagte Sagar Pandey, Generalsekretär des Verbands der Trekkingagenturen Nepals. Doch der Neuseeländer Cotter meinte, es sei gut möglich, dass zahlreiche Expeditionen wegen der Unsicherheit nach Tibet auswichen.

Extrembergsteiger Karl Flock aus Bayern mahnte die Einrichtung eines Hilfsfonds für die Hinterbliebenen der Sherpas an. »Das ist ein Muss«, so der Mediziner. »Nepal ist immer noch eines der ärmsten Länder der Welt. Wenn eine Familie so etwas trifft, dass der Vater zu Tode kommt, muss man helfen. Ohne die Sherpas würden die wenigsten der westlichen Touristen diese Achttausender besteigen können - die Einheimischen sind die wahren Helden.« dpa/nd

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