Russland beendet Manöver an der Grenze zur Ukraine

Verteidigungsminister Schoigu telefoniert mit US-Kollegen Hagel / Moskau kritisierte neue Sanktionen: »Realitätsverlust« der USA / Hagel: NATO-Aktionen im Osten nicht auf Expansion angelegt

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die russische Regierung ist im Ukraine-Konflikt offenbar um ein Signal der Entspannung bemüht. Die an Manövern an der ukrainischen Grenze beteiligten russischen Truppen seien an ihre Standorte zurückgekehrt, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Montagabend während eines Telefonats mit seinem US-Kollegen Chuck Hagel. »Nachdem die ukrainischen Behörden mitgeteilt haben, dass es keine Absicht gebe, die regulären militärischen Einheiten gegen unbewaffnete Bevölkerung einzusetzen, wurden die russischen Einheiten in ihre dauerhaften Standorte zurückverlegt«, heißt es in einer Pressemitteilung des russischen Verteidigungsministerium.

Russland hatte Mitte April zusätzliche Einheiten an die Grenze zur Ukraine zu Manövern verlegt. Hagel hatte diesen Schritt Moskaus als »besorgniserregend« bezeichnet. Wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Novosti berichtet, wies Schoigu in dem Telefonat mit Hagel auch Berichte in aller Deutlichkeit zurück, wonach Russland Diversions- und Aufklärungsgruppen in die Ukraine geschickt habe. Laut einer Mitteilung des US-Verteidigungsministeriums versicherte Schoigu, dass russische Truppen nicht in die Ukraine eindringen würden. Die Situation bleibe »gefährlich«, sagte Hagel der Mitteilung zufolge, und drängte auf einen »verantwortungsvollen Weg nach vorn«.

Zuvor hatten die EU und die USA am Montag ihre Drohungen wahrgemacht und neue Sanktionen gegen russische Regierungsmitglieder, Unternehmen und Manager verhängt. Die US-Regierung bezeichnete die zusätzlichen Einreiseverbote und Kontensperrungen als »Antwort auf Russlands anhaltende illegale Intervention in der Ukraine und provokative Handlungen, die der Demokratie in der Ukraine schaden«. Statt seine Verpflichtungen aus dem Genfer Friedensplan vom 17. April zu erfüllen, habe Moskau die Krise gar noch angefacht.

Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow sprach nach Angaben der Agentur Interfax von einem »Realitätsverlust« der USA. Der Sanktionstext verkenne vollständig die Vorgänge in der Ukraine. Das russische Außenministerium erklärte inzwischen, alle Anschuldigungen, denen zufolge Moskau die Genfer Vereinbarungen nicht erfüllen wolle, hätten weder Hand noch Fuß. Unter Hinweis auf Erklärungen der westlichen Partner, die ukrainische Seite habe positive Schritte getan, hieß es in Moskau: »Glaubt denn die G7-Ländergruppe, dass eine Armeeoperation in östlichen Regionen der Ukraine gegen die eigene Bevölkerung, die mit der Politik des gegenwärtigen Regimes in Kiew nicht einverstanden sind, tatsächlich ein positiver Schritt ist?«

Die russische Regierung lehne die Sprache der Ultimaten kategorisch ab. Moskau sei bereit, zur Deeskalation des Konflikts in der Ukraine weiterhin beizutragen, so das Außenministerium. Russland gehe »davon aus, dass die Gewalt auf allen Seiten eingestellt werden soll. Der Extremismus ist unzulässig. Alle illegalen bewaffneten Formationen, vor allem die des radikalen Rechten Sektors, die das Leben von Menschen bedrohen, sollen ihre Waffen niederlegen«, so die Erklärung.

Der ukrainische Übergangsministerpräsident Arseni Jazenjuk hofft indes auf eine Reaktion Russlands auf die neuen Sanktionen. Nur, wenn die internationale Gemeinschaft gemeinsam handle, könne Moskau dazu gebracht werden, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und internationale Gesetze zu achten. »Das ist unsere einzige Chance. Die einzige Chance für mein Land und meine Regierung zu überleben«, sagte Jazenjuk im Interview der Deutschen Welle.

In dem Telefonat der Verteidigungsminister Russlands und der USA habe Hagel seinem Kollegen Schoigu versichert, hieß es in Moskau, dass die NATO-Handlungen in Osteuropa keinen »provokatorischen bzw. expansionistischen« Charakter tragen, sondern auf die Demonstration der Blockeinheit gerichtet sind. »Der amerikanische Gesprächspartner begründete die Handlungen von Washington und Brüssel mit ,äußerster Besorgnis‘ über die Situation um die Ukraine und mit der Beunruhigung der osteuropäischen Nato-Mitglieder über ihre Sicherheit.« Agenturen/nd

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