Kritik an Kriminalitätsstatistik

LINKE-Bundestagsabgeordneter Hunko: Linke Gewalt wird herbei halluziniert

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Anti-Atom-Aktivistin Hanna Poddig hat den in Kriminalitätsstatistiken üblichen Vergleich von linken und rechten Straftaten kritisiert. »Fremdenfeindliche Morde kann man nicht mit der Unbrauchbarmachung von Militärgerät zur Verhinderung von Krieg gleichsetzen«, sagte Poddig gegenüber »nd«. Damit bezog sie sich auf die Kriminalitätsstatistik, die das Bundesinnenministerium am 30. April vorgestellt hatte. Darin hieß es, Linke hätten im vergangenen Jahr 8673 politisch motivierte Straftaten verübt - 40 Prozent mehr als 2012. Weil für den Anstieg vor allem Sachbeschädigungen wie das Beschmieren von Wahlplakaten und »Verstöße gegen das Versammlungsgesetz« – darunter hunderte Sitzblockaden – verantwortlich sind, sprechen sich nun Polizei und Innenministerium für eine Überarbeitung der der Erhebung zugrundeliegenden Kriterien aus. »In einer Welt, in der Wenige von der Ausbeutung Vieler profitieren, ist Widerstand notwendig«, sagte Poddig. Die Aktivistin und Anwältin hatte zuletzt im Sommer 2013 vor der Brennelementefabrik von Areva im nierdersächsischen Lingen an einer Sitzblockade teilgenommen. Nun lastet ihr ein Bußgeldverfahren an, das nicht als Straf-, sondern als Ordnungswidrigkeitenverfahren gilt.

Die Leipziger LINKE-Stadträtin Juliane Nagel begrüßte die geplante Überarbeitung der Kriminalitätsstatistik. Sie verwies auf die Sitzblockaden am 1. Mai in Plauen gegen Neonazis des Freien Netzes Süd. »Mehr als 200 Menschen setzten sich auf die Straße und behinderten damit den Aufmarsch. Die Quittung: stundenlanger Freiheitsentzug im Polizeikessel und strafrechtliche Verfolgung«, sagte sie gegenüber »nd«. »Auch hier spiegelt sich die Extremismusdoktrin: menschenfeindliche Einstellungen und Aktionen werden mit mutiger Zivilcourage gegen Rechts auf eine Stufe gestellt. Das kann nicht sein!«

Auch der LINKE-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko begrüßte auf nd-Nachfrage die Entscheidung des Ministeriums. »Es ist in der Tat abstrus, Sitzblockaden gegen Nazi-Aufmärsche als kriminelle Handlung einzustufen und so einen dramatischen Anstieg linker Gewalt herbei zu halluzinieren. Der ungeheuerliche Vorgang zeigt auch, wie wenig der rein polizeiliche Blick auf gesellschaftliche Vorgänge geeignet ist, ein realistisches Bild zu erhalten.«

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