Ein Parlament von Napoleons Gnaden

Der Bezirkstag Pfalz ist ein landesweit einmaliges Abgeordnetenhaus - am 25. Mai werden die 29 Mitglieder gewählt

  • Jasper Rothfels, Kaiserslautern
  • Lesedauer: 3 Min.
Es ist eine Wahl mit besonderer Tradition, die am 25. Mai in der Pfalz stattfindet: Der Bezirkstag Pfalz ist älter das Land, sein Vorgänger gilt als erste Volksvertretung auf deutschem Boden.

Wenn die Rheinland-Pfälzer am 25. Mai ihre kommunalen Räte wählen, dann geht es in der Pfalz in gewisser Weise auch um die Arbeit Napoleons. Dort können die Wähler nämlich auch über den Bezirkstag Pfalz abstimmen, ein landesweit einmaliges Parlament. Es verdankt seine Existenz dem französischen Herrscher. Der vor fast 200 Jahren gegründete Vorgänger des Bezirkstags galt als erste Volksvertretung auf deutschem Boden.

Das 29 Sitze zählende Gremium hat einigen Einfluss. Es ist das höchste Entscheidungsorgan des Bezirksverbandes Pfalz, der mehr oder weniger direkt für rund 20 Einrichtungen aus Kultur, Bildung, Gesundheit, Natur- und Umweltschutz mit mehr als 3000 Mitarbeitern zuständig ist. Darunter sind namhafte Kulturstätten wie das Historische Museum der Pfalz (Speyer), das Pfalztheater und die Pfalzgalerie (Kaiserslautern). »Der Bezirkstag ist das Parlament der Pfalz, in dem das Ganze politisch gesteuert wird«, erklärt der Bezirkstagsvorsitzende, Frankenthals OB Theo Wieder (CDU).

Der Bezirksverband ist ein höherer Kommunalverband. Er kümmert sich um Belange, die unterhalb der Landesebene und oberhalb der Ebene der acht Landkreise und acht kreisfreien Städte der Pfalz angesiedelt sind. Mit Geld von Kommunen, eigenen Einnahmen, Dividenden des Energieversorgers Pfalzwerke und Landeshilfe fördert er Einrichtungen mit überregionaler Bedeutung, die sich einzelne Kommunen kaum leisten können. Und er unterhält bestimmte Projekte für das Land wie das Pfalzinstitut für Hören und Kommunikation (Frankenthal). Fiele er aus, sagt Wieder, und könnte er etwa die Kultureinrichtungen nicht tragen, dann wären diese »elementar gefährdet« - und mit ihnen die Attraktivität der Region. Im Bezirkstag, in dem auch Landtagsabgeordnete sitzen, steht der Kurs deshalb oft auf Konsens. »Man sucht nach Lösungen und sucht nicht in erster Linie - wie das in Landtagen häufig der Fall ist - den abgrenzenden politischen Streit«, sagt Wieder, dessen CDU mit FDP und Freien Wählern koaliert. Die Fragen würden sachorientiert beraten. »Die Arbeit im Parlament ist recht zivilisiert«, sagt auch SPD-Fraktionschef Günther Ramsauer. Im Dezember etwa beschloss das Gremium einstimmig, dass der Verband die Aufgaben des Vereins Naturpark Pfälzerwald übernimmt und das Gebiet weiterentwickelt. Breit ist der Konsens, dass eine höhere Umlage für die Kommunen vermieden werden soll. Variierende Ansichten gibt es allerdings zur Windkraft. Auch das Geld ist ein Thema. Ramsauer bemängelt, dass mittels natürlicher Fluktuation schon eher bei Personalkosten für bestimmte Einrichtungen hätte eingegriffen werden müssen.

Der Vorsitzende lässt auf den Bezirksverband nichts kommen. Der sei zukunftsfähig, »denn er lebt im Kern das, was man heute von Kommunen fordert: nämlich interkommunale Kooperation«. Ohne ihn könne manch kleinere Einrichtung nicht existieren. Es sei sogar zu überlegen, ob er nicht noch weitere Museen unter seine Fittiche nehmen solle. Dass es einen Verband dieser Art im Norden des Landes nicht gibt, liege daran, dass jene Gegend früher preußischem Einfluss ausgesetzt gewesen sei.

Nun wartet man gespannt auf die Wahl, bei der die Fünf-Prozent-Hürde wie schon 2009 nicht gilt. Die LINKE will in den Bezirksstag. Doch auch AfD und NPD wollen das. dpa/nd

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