Kriegshetze ist widerlich

Andreas Fritsche hat dem Volk aufs Maul geschaut

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

Bundespräsident Joachim Gauck schwebt keinesfalls als Friedensengel herum. Was er von sich gab, das hielten viele für Kriegshetze. Wie weiland Martin Luther musste man dem Volk, um das herauszufinden, nur aufs Maul schauen, wenn es auf der Straße, in Bus und Bahn oder über den Gartenzaun hinweg redete. Kriegshetze ist generell widerlich. Dennoch wäre es klug von dem Potsdamer Landtagsabgeordneten Norbert Müller (LINKE) gewesen, den Theologen Gauck vielleicht als Feldprediger oder auch als Kriegshetzer zu bezeichnen, nicht aber als widerlichen Kriegshetzer.

Die freche Formulierung sorgte für Beachtung, lenkte die Aufmerksamkeit jedoch zugleich in die falsche Richtung. Die Verteidiger Gaucks hatten es deshalb leicht, sich auf das Adjektiv zu kaprizieren und damit von dem Substantiv abzulenken und von der Diskussion darüber, ob es berechtigt ist.

Müller zeigte am Donnerstag Einsicht. Er werde die Debatte um »Krieg und Frieden« weiter führen, auch in der »nötigen Schärfe«, sie aber nicht durch »forsche Polemik behindern, die es den Verfechtern einer fortschreitenden Militarisierung erleichtert, von der Sache abzulenken«, erklärte er.

Dass die Staatsanwaltschaft aus dem Bundespräsidialamt keine Erlaubnis erhält, Müller zu verfolgen, ist weise entschieden. Es wäre albern gewesen, wenn Gauck, der so gern von der Freiheit schwärmt, die Justiz zur Beschränkung der Meinungsfreiheit in Marsch gesetzt hätte. Dass er das nicht tat, beweist immerhin, dass in der Bundesrepublik wirklich Meinungsfreiheit herrscht. Dass diese Freiheit, die ein Recht sein muss, im konkreten Fall jedoch als Gnade des Staatsoberhauptes daherkommt, das klingt wie ein schlechter Scherz.

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