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Seehofer will sich ändern - sagt der Horst

CSU demonstriert nach Querelen Geschlossenheit

  • Carsten Hoefer, München
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Wochenende, wenige Tage vor seinem 65. Geburtstag, hat CSU-Chef Horst Seehofer sich neu erfunden: Einer positiv überraschten CSU-Spitze versprach der Chef bei einer Vorstandsklausur ab sofort einen pfleglichen Umgang. Wo der alte Seehofer wichtige Entscheidungen alleine traf und gnadenlos über Vorstandskollegen lästerte, da sichert der neue Seehofer umfassende Gesprächsbereitschaft zu. »Reden verbindet, und reden stärkt«, sagte Seehofer nach dem neuneinhalbstündigen Treffen der Parteispitze. »Es hat sich etwas verändert, und es wird sich etwas verändern. Wenn Sie so wollen, hat sich auch bei mir etwas verändert.«

Der Anlass der Veränderungsbereitschaft: Bei der Europawahl am 25. Mai fuhr die CSU 40,5 Prozent ein - ihr schlechtestes Ergebnis bei einer überregionalen Wahl seit 1954. Das Resultat war öffentliche Kritik am Parteivorsitzenden: Der frühere CSU-Chef Erwin Huber bescheinigte Seehofer einen Führungsstil nach dem Prinzip Befehl und Gehorsam wie im 19. Jahrhundert, weitere Angriffe folgten. Niemand aus der Parteispitze sprang Seehofer bei. Diese drei Faktoren - Wahlschlappe, öffentliche Kritik und fehlende Unterstützung - hätten Seehofer tief getroffen, heißt es in der CSU-Spitze.

Seehofer reagierte für jedermann sichtbar stark verunsichert. In den Tagen vor der Klausur überlegte er Dinge, die viele CSU-Spitzenpolitiker als skurril oder überflüssig empfanden und Seehofer schwächer wirken ließen, als er es tatsächlich ist. So wollte der CSU-Chef die Wahlprogramme nachträglich zum zweiten Mal beschließen und den Fahrplan für die Regelung seiner Nachfolge bestätigen lassen. Weder sind die Wahlprogramme CSU-intern groß umstritten, noch der Fahrplan. Doch explizite Abstimmungen darüber stießen bei vielen in der CSU-Spitze auf Ablehnung: »Dafür sehe ich keinen Anlass«, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt stellvertretend für viele.

So wurde in der Klausur deutlich, dass Seehofer auch nicht mehr unumschränkt walten kann: Er verzichtete auf eine formelle Abstimmung jeder Art, stattdessen klatschten die übrigen Vorstandsmitglieder nach seiner Rede lange und ausführlich Beifall. Damit galt die Zustimmung als erteilt.

Seehofer hat auf der anderen Seite aber die Rückendeckung des Vorstands weiterzumachen. Er sagt nach Teilnehmerangaben sehr klar und deutlich, dass er bis 2018 amtieren will. »Einen Erosionsprozess werde ich nicht zulassen«, wird er zitiert. Für den Fall, dass doch jemand Interesse haben sollte, aktiv an seiner Erosion mitzuwirken, stellte Seehofer einen Sonderparteitag mit Chefwahl in Aussicht. Erwartungsgemäß meldete sich kein Interessent.

Seehofers Rede sei im Vorstand positiv aufgenommen worden, sagen Teilnehmer, auch von seinen Kritikern. Sogar Versöhnung mit dem Rivalen Erwin Huber und dem früheren Europagruppenchef Markus Ferber ist in Sicht. Seehofer räumte keine Fehler ein, aber ein »Kommunikationsproblem« im Europawahlkampf. Künftig will er außenpolitisch aktiver werden und das »Ja, Aber« der CSU zu Europa »durch Dialog sauber ausbalancieren«.

Anders als Seehofer tritt Brüsselkritiker Peter Gauweiler nach Schilderung mehrerer Parteifreunde weiter aggressiv auf und bekräftigt seine Kritik an Eurorettung, Europäischer Zentralbank und EZB-Chef Mario Draghi. Gauweiler soll aber im Amt bleiben. »Es soll kein Märtyrer aus ihm gemacht werden«, sagt ein Vorstandsmitglied. dpa/nd

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