Eine Affäre zu viel

Nach Verhör ist gegen Frankreichs Expräsident Sarkozy ein Verfahren wegen Bestechung eingeleitet worden

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Seine Pläne für ein Comeback in die französische Politik geraten immer mehr ins Wanken. Nicolas Sarkozy werden Korruption und unerlaubte Einflussnahme vorgeworfen.

16 Stunden verbrachte der ehemalige französische Staatspräsident in Polizeigewahrsam. Am Ende des Verhörs durfte Nicolas Sarkozy zwar am Mittwochmorgen in seine Wohnung im 16. Arrondissement zurückkehren. Doch gegen den Konservativen, dessen Name in Verbindung mit zahlreichen politischen Affären in Frankreich genannt wird, läuft nun zum zweiten Mal ein Ermittlungsverfahren.

Sarkozy werden aktive Bestechung, Einflussnahme und Verstoß gegen die Vertraulichkeit laufender Verfahren der Justiz vorgeworfen. Dies hatte er stets bestritten. Für Mittwochabend kündigten Fernsehsender eine Ansprache des ehemaligen Präsidenten an. Die Ermittlungen treffen ihn in der Phase seiner möglichen politischen Rückkehr. Er gilt noch immer vielen Konservativen in der zerstrittenen UMP als Hoffnungsträger gegen den angeschlagenen Präsidenten François Hollande. Dem Sozialdemokraten war Sarkozy 2012 unterlegen.

Auf den aktuellen Politskandal stießen die Ermittler eher zufällig, als sie Sarkozy und seinen Anwalt Thierry Herzog abhören ließen, um in einem anderen Verfahren weiter zu kommen. Darin geht es darum, dass der Expräsident 50 Millionen Dollar als Spende des inzwischen toten libyschen Staatsführers Muammar al-Gaddafi für den Wahlkampf 2007 angenommen und illegal eingesetzt haben soll. Über Handys, die nach Ganovenart auf fremde Namen angemeldet waren, tauschten sich Sarkozy und Herzog darüber aus, wie man Gilbert Azibert, einen hohen Richter am Kassationsgerichtshof und ehemaligen Studienfreund Herzogs, dazu bewegen könne, Informationen über laufende Verfahren gegen Sarkozy zu beschaffen. Im Gegenzug versprach Sarkozy dem Richter, ihm einen prestigeträchtigen Posten in Monaco zu beschaffen. Der Richter sollte sich auch um die Rückgabe von Terminkalendern des Expräsidenten bemühen, die Beweismittel im Politspendenverfahren um die Milliardärin Liliane Bettencourt waren.

Dies ist das einzige von mehr als einem halben Dutzend verschiedener Politskandalverfahren gegen Sarkozy, die die Justiz mangels Beweisen hat fallen lassen. Weiterhin ermittelt wird etwa in der Karatschi-Affäre. Sarkozy soll als Wahlkampfchef für Edouard Balladur bei der Präsidentschaftswahl 1995 Gelder aus Pakistan im Zusammenhang mit einem U-Boot-Geschäft erhalten haben. Die Mittelsmänner, die sich um ihre Provision betrogen fühlten, haben sich später mit einem Bombenanschlag gerächt, dem in Karatschi elf französische Schiffbautechniker zum Opfer fielen.

In anderen Verfahren geht es »nur« um illegale Wahlkampfspenden in Millionenhöhe oder um die Begünstigung von Freunden wie des windigen Geschäftemachers Bernard Tapie oder seines aus dem rechtsextremen Milieu kommenden Beraters Patrick Buisson. Der konnte im Nebengewerbe mit banalen Umfrageergebnissen seiner Minifirma Millionen Euro aus der Kasse des Élysée abgreifen. Der jüngste nach einer PR-Agentur benannte Bygmalion-Skandal dreht sich um die Kosten für Sarkozys Präsidentschaftswahlkampf 2012. Er hätte dem Gesetz nach höchstens 22 Millionen Euro kosten dürfen, schlug aber tatsächlich mit 39 Millionen Euro zu Buche. Die Differenz übernahm die UMP mit Hilfe fingierter Rechnungen für nie erbrachte Leistungen der Agentur Bygmalion.

Da wegen dieser Affäre der UMP-Chef Jean-François Copé abgesetzt wurde, soll im Herbst bei einem Parteitag ein neuer Vorsitzender gewählt werden. Freunde von Sarkozy ließen durchblicken, dass der 59-Jährige bei dieser Gelegenheit wieder die Führung der UMP übernehmen und mit ihrer Unterstützung Anlauf nehmen will, um bei den Präsidentschaftswahlen 2017 in den Élysée-Palast zurückzukehren. Doch wenn er auch nur in einem Fall vor Gericht kommt, droht Sarkozy nicht nur eine Geldstrafe, sondern auch für mehrere Jahre der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte wie jenem, bei Wahlen zu kandidieren.

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