Weniger Geld für junge Firmen im Osten

Von den Zuschüssen des Bundesprogrammes INVEST profitieren vor allem Start-ups in den alten Bundesländern

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Wer Kapital in junge und innovative Unternehmen investiert, kann dafür einen Bundeszuschuss erhalten. Nach Informationen des »nd« geht der Osten hier weitgehend leer aus.

Das Bundesprogramm INVEST ist eine tolle Sache, zumindest für private Investoren, die sich mit mindestens 10 000 Euro am Eigenkapital eines jungen Unternehmens beteiligen. Die Geldgeber erhalten 20 Prozent der Summe vom Bund erstattet. Pro Kalenderjahr und Investor sind so Zuschüsse bis zu 250 000 Euro drin.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) lobt das im Mai 2013 neu aufgelegte Programm, für das bislang 35 Millionen Euro ausgegeben wurden: »Mit INVEST mobilisieren wir privates Wagniskapital und unterstützen gleichzeitig kapitalsuchende Unternehmen bei der Investorensuche.« Seine Staatssekretärin Brigitte Zypries kündigte im Juni auf einer Investorenkonferenz an, dass man den Zuschuss demnächst von Ertragssteuern »befreien« wolle. Damit wäre die Sache für die »Wagniskapitalgeber« noch lukrativer.

Mit einiger Berechtigung kann man dies als Subventionierung ohnehin begüterter Geldgeber kritisieren. Andererseits kann so auch dringend benötigtes Kapital in den Osten des Landes fließen. Sollte man zumindest meinen. Doch die aktuellen Zahlen aus dem Bundeswirtschaftsministerium sind enttäuschend. Aus einem Schreiben von Staatssekretär Stefan Kapferer an die Linksfraktion, das »nd« vorliegt, geht hervor, dass seit Mai 2013 lediglich 8 Prozent der Ausgaben für das INVEST-Programm in »die neuen Länder ohne Berlin« gingen. Nimmt man die Hauptstadt hinzu, dann sind es 21 Prozent.

Das macht nicht viel Hoffnung für die Zukunft; werden durch das Programm doch ausschließlich »kleine und innovative Unternehmen« gefördert, die »jünger als zehn Jahre sind«. Gerade im deindustrialisierten und überalterten Osten könnten kleine Start-ups für neue Jobs sorgen und so junge Leute binden. Doch auch in der Zuschusshöhe hinken die neuen Länder hinterher. Während es im Westen pro Investor rund 13 932 Euro gab, waren es östlich der Elbe nur knapp 10 795 Euro.

Staatssekretär Kapferer kennt die Gründe: »Die höhere durchschnittliche Zuschusssumme in den alten Bundesländern ist auf unterschiedliche Investorenstrukturen in den alten und neuen Bundesländern zurückzuführen«, heißt es in dem Schreiben an die Linksfraktion. Offenbar nimmt man die Ungleichgewichte in der Mittelverteilung einfach hin.

Kritik an dieser Passivität kommt vom Ost-Koordinator der Linksfraktion, Roland Claus: »Offenkundig hat das Prinzip der Mittelverteilung nach Finanzvermögen versagt, denn dadurch werden nur die Starken gestärkt und die Schwachen geschwächt. Solange es im Osten kaum finanzstarke Investoren gibt, muss der Staat lenkend eingreifen. Wenn es die Bundesregierung ernst meint mit gleichwertigen Lebensverhältnissen, dann sollten endlich alle Förderprogramme eine Ost-Quote beinhalten«, sagte Claus am Donnerstag dieser Zeitung.

Im Bundeswirtschaftsministerium wiegelt man ab: Die Statistik erfasse nur die Meldeadresse des Investors, nicht aber den Sitz der Firma, in die er sein Kapital stecke. »Es kann durchaus sein, das jemand aus Baden-Württemberg im Osten investiert«, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Donnerstag dem »nd«. Aber grundsätzlich gebe es im Westen »mehr Familienunternehmen und auch mehr Kapital«, so der Sprecher weiter.

Zudem gilt: Wo viel geforscht wird, da gründen sich auch viele neue und innovative Unternehmen. Doch auch bei der Spitzenforschung ist der Osten abgehängt. Wenn man Berlin aufgrund seines Sonderstatus nicht berücksichtigt, ist unter den elf Exzellenzuniversitäten mit der TU Dresden nur eine Ostvertreterin. Somit hat das Defizit bei den Zuschüssen für innovative Unternehmen mindestens eine weitere Dimension.

Roland Claus machte gegenüber »nd« auf eine weitere Stolperfalle aufmerksam: »Erschwerend kommt in diesem Jahr die vorläufige Haushaltsführung bis zur Verabschiedung des Bundeshaushaltes hinzu, die erst im Juli endet.« Rechne man den Abrechnungszeitraum am Jahresende heraus, so Claus, dann bleiben den Unternehmen 2014 insgesamt nur vier Monate Zeit, um die Fördergelder des Bundes abzurufen. »Das ist Schäubles Taschenspielertrick für einen ausgeglichenen Haushalt, der zu Lasten der Wirtschaft geht«, monierte Claus.

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