Rote Romantik

Andreas Fritsche über Inhalt und Form von Wahlplakaten

Über Sinn und Unsinn von Wahlwerbung lässt sich streiten. Nicht nur, dass unklar ist, ob die Botschaften der Parteien bei den Bürgern auch so wirken, wie es sich Politiker und Werbefachleute vorher ausgedacht haben. Es gilt noch nicht einmal als völlig sicher, ob Wahlwerbespots und Wahlplakate überhaupt wirken. Aber keine Partei traut sich, daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, auf Wahlwerbung und Plakate zu verzichten. Es könnte ja doch etwas nützen.

Mit demonstrativ nur einem einzigen Wahlplakat versuchte vor einigen Jahren Michael Reimann (LINKE), Bürgermeister von Königs Wusterhausen zu werden, was ihm aber nicht gelang. In einem urkomischen Fernsehspot ermunterte Gregor Gysi 1994, die PDS zu wählen, indem er sagte: »Trauen sie sich doch einmal. Sieht ja keiner.« Doch ihr Rekordergebnis von knapp zwölf Prozent fuhr die LINKE bei der Bundestagswahl 2009 ein - humorlos, mit dem Schub nach der Vereinigung mit der Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit.

Dass die LINKE einige Erfolge bei Wahlen feierte mit Plakaten, die mit Text überfrachtet waren, führte zu der wahrscheinlich irrigen Ansicht, der Bürger habe hier die Konzentration auf Inhalte honoriert. Im Vorbeifahren bleibt jedoch keine Zeit, sich so etwas durchzulesen.

Aber die romantische Ansicht vom Oberuckersee, mit der die märkische LINKE jetzt in ihre Kampagne zur Landtagswahl am 14. September einsteigt, mit dem lockend-frechen Hinweis, dies sei nicht Berlin, sondern Brandenburg, die bleibt im Gedächtnis haften. Wo ist das gleich? Da möchte man gern noch Sommerurlaub übrig haben und gleich einmal hinfahren, entspannen, den Kopf freibekommen. Dann wäre man bei der Rückfahrt ein paar Wochen später auch aufnahmefähig für Inhalte, für Politik und viel Text.

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