Wahlkampf, Sport und Bausünden

LINKE-Spitzenkandidat Christian Görke startet Sommer-Tour im Potsdamer Sportzentrum

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Potsdams Sportquartier an der Zeppelinstraße hat klangvolle Namen hervorgebracht. Den großen Ambitionen steht schlimmer Baupfusch im Wege - für LINKEN-Wahlkämpfer Görke ein heißes Pflaster.

Wenn der Spitzenkandidat der LINKEN, Finanzminister Christian Görke, beweisen wollte, dass er auf seiner Wahlkampftour den aktuellen Problemen nicht ausweicht, dann ist ihm das am Montag beim Start seiner Wahlkampftour gelungen. Während er im Kanu seine Runden drehte und dann den Journalisten Rede und Antwort stand, gingen die Arbeiten an der großen Leichtathletik-Halle des Potsdamer Sportgeländes «Luftschiffhafen» weiter. Es sind millionenschwere Nacharbeiten an einer Halle, die vor wenigen Jahren erst grundsaniert wurde und inzwischen als einsturzgefährdet galt.

«Ich fahre nicht mit gefüllter Schatulle durchs Land», sagte der LINKEN-Politiker, um mögliche Erwartungen gleich zu dämpfen. Zugleich räumte er ein, dass durch die überraschende Schließung zweier Hallen in unmittelbarer Nachbarschaft «unhaltbare Zustände entstanden seien. Immerhin konnte - mit Hilfe des Landes - die seit langer Zeit abgesperrt gewesene Schwimmhalle auf dem Gelände wieder ihrer Bestimmung zugeführt werden. Doch durch den weiterhin abgeriegelten Leichtathletik-Bereich sei dem Potsdamer Breiten- und Spitzensport ein »großer Verlust« entstanden, so Görke ein.

Vor einigen Monaten war Potsdam durch die Nachricht aufgeschreckt worden, dass die zwei großen Hallen am Luftschiffhafen nicht sicher seien und daher ihr Betreten verboten sei. Für den Sport in der Landeshauptstadt war dies eine Katastrophe. Beide Hallen waren erst vor wenigen Jahren für Abermillionen rekonstruiert, saniert und teuer ausgestattet worden. Fragen nach den Verantwortlichen hat das Potsdamer Rathaus sind die Landeshauptstädter bis heute gespannt.

Fragen aber wirft auch die MBS-Halle am Standort Luftschiffhafen auf, ein ungeheuer protziges Bauwerk, errichtet aus Konjunkturpaket-Mitteln. Nach der Pleite des örtlichen Handballvereins (dessen Präsident der einstige SPD-Sportminister Holger Rupprecht war) lässt die Auslastung des Baus sehr zu wünschen übrig. Bis zur Kapazitätsgrenze gefüllt hingegen ist die daneben stehende Turnhalle, ein grauer Bau aus den 1960er-Jahren, errichtet angeblich auf Geheiß von Staatsratschef Walter Ulbricht. Täglich trainieren dort Kinder, Studierende, Berufstätige und Senioren, bis in die Nacht ist geöffnet. Erst vor einigen Wochen wurde die Standfestigkeit des Hauses, das seit der Wende keinerlei bauliche Aufwertung erfahren hat, bestätigt.

Auf Veranlassung der Geschäftsführung wurde ein Parkhaus errichtet, dessen Benutzung in den nächsten Tagen für die Sportler und Trainer zwingend werden soll. Das sorgt für erheblichen Unmut, denn seit es diese Sportanlage gibt, das heißt seit frühen DDR-Tagen, konnten die Sportler ihre Autos und Motorräder hier kostenlos abstellen. Durch den Parkhaus-Zwang erhöhten sich die Aufwendungen der einzelnen Sportler für ihre Gesunderhaltung auf das Doppelte bis Dreifache des früheren Betrages. Die Forderung, dass jene, die mit ihren Vereinsbeiträgen für den Erhalt des Sportgeländes einstehen, weiterhin kostenlos parken dürfen, hat das Management abgelehnt und damit für erheblichen Groll gesorgt. Denn unter den Sportlern herrscht der Eindruck vor, dass sie herangezogen werden, damit nach dem Versagen der eigentlich Verantwortlichen die Kasse wieder stimmt.

Mit der Entwicklung des Geländes Luftschiffhafen ist der Manager Andreas Klemund beauftragt, ein Geschäftsmann, der sehr vielseitig in Potsdam tätig ist und äußerst verschlungene Interessen gleichzeitig verfolgt. Wie die »Potsdamer Neuesten Nachrichten« am Montag berichteten, erwäge die Antikorruptions-Staatsanwaltschaft in Neuruppin ein Ermittlungsverfahren gegen Klemund, obwohl keine Anzeigen gegen ihn vorlägen. Ausgangspunkt sei der Charakter seiner Geschäfte sowie die Berichterstattung dadrüber. Dem Bericht zufolge hatte Klemund einen Kredit der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Höhe von 2,45 Millionen Euro vermittelt und dafür ein Prozent Provision gefordert. Pikant dabei ist, dass der umtriebige Klemund nicht nur SPD-Mitglied ist sondern auch dem Sparkassen-Verwaltungsrat angehört. Als solchem sind ihm derartige Geschäfte untersagt. Laut PNN prüfen nun sowohl die Pro Potsdam GmbH als auch die Sparkasse selbst. Ein externer Gutachter sei mit der Untersuchung beauftragt.

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