Coffeeshops nicht aussichtslos

Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg plant weiter Modellprojekt für legalen Cannabisverkauf

  • Tim Zülch
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Bezirk Friedsrichshain-Kreuzberg will Coffeeshops am Görlitzer Park eröffnen. Ziel ist, den Markt zu legalisieren. Doch die Hürden sind hoch.

Noch herrscht viel Unsicherheit, was die Einrichtung einer legalen Abgabestelle für Cannabisprodukte in der Nähe des Görlitzer Parks in Berlin-Kreuzberg betrifft. Ende letzten Jahres beschloss der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die Einrichtung einer solchen Abgabestelle, die üblicherweise Coffeeshop genannt wird.

Der Verkauf von Cannabisprodukten ist grundsätzlich verboten, beispielsweise in den Niederlanden wird er geduldet. Am Mittwochabend nun waren zwei Experten für eine Anhörung in den Saal der Bezirksverordnetenversammlung geladen. Mit ihnen wollte man erörtern, welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, trotz Verbot Coffeeshops im Rahmen eines Modellprojekts einzurichten. Dass die Aufgabe groß werden wird, wurde in der Anhörung schnell klar. 1997 hat beispielsweise Schleswig-Holstein ein Modellprojekt beantragt, bei dem die Abgabe von Cannabis an Erwachsene in Apotheken erforscht werden sollte. Das zuständige Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), damals unter Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU), lehnte jedoch ab.

Dass es dennoch Möglichkeiten gibt, es zu schaffen, waren sich die beiden Wissenschaftler Ulrich Gassner und Cornelius Nestler bei der Anhörung sicher. Zumindest jedoch zwei Kriterien müsste ein wissenschaftliches Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis erfüllen, so Gassner, Medizinrechtler von der Universität Augsburg. Erstens: »Sicherheit und Kontrolle« müssen gewährleistet sein. Und zweitens: Der Missbrauch der abgegebenen Substanzen muss möglichst weitgehend verhindert werden. »Einige wenige Coffeeshops in Kreuzberg könnte man besser kontrollieren«, sagte Cornelius Nestler. Allerdings kämen notwendigerweise auch auf die Käufer Pflichten zu. So müssten diese wenigstens über Missbrauchsrisiken belehrt werden. Auch eine Registrierung sei denkbar. Außerdem, so Nestler, sei es nötig, Polizei und Staatsanwaltschaft mit ins Boot zu holen. Wenn die Polizei jeden Käufer nach Verlassen des Coffeeshops kontrolliere, sei das Projekt schnell gescheitert. Das hingegen sah Medizinrechtler Gassner etwas anders. Er argumentierte: »Das im Rahmen dieses Modellprojekts erworbene Cannabis hat einen legalen Aggregatzustand. Das müssten auch Polizisten in Bayern akzeptieren.« Es könnte beispielsweise mit einem Zertifikat verkauft werden, dass bei einer Kontrolle vorgezeigt werden kann. Eine diesbezüglich mögliche Fragestellung sei, so Nestler, wie sich der illegale Verkauf von Drogen verändere, wenn auch legal abgegeben werde - und ob sich die Szene davon beeindrucken lasse.

Am Ende der Veranstaltung jedoch gab es Widerspruch aus dem Publikum. Ein Anwohner fragte, ob man dem Problem nicht mit mehr Polizei beikommen könne. Eine andere Zuhörerin sorgte sich, dass das legal erworbene Cannabis an Minderjährige weitergegeben werden könne. Spontan trat Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) ans Rednerpult. Die Sorgen seien nachvollziehbar, sagte sie. Doch Verbieten funktioniere nicht. Es gebe »derzeit in Berlin keinen Ort, wo die Polizei so oft und in so großer Stärke präsent ist«, doch dies habe bisher wenig genutzt. Außerdem sei es sehr wichtig, Kontrolle über den Verkauf zu haben. »In jedem Supermarkt muss man den Ausweis zeigen, will man eine Flasche Alkohol kaufen. Den Cannabisverkauf aber kontrolliert momentan keiner«. Darum sei eine andere Drogenpolitik nötig, so Herrmann.

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