Karstadt steht ein radikaler Umbau bevor

Vorgestellte Konzept für Warenhauskette sieht Filialschließungen und Entlassungen vor

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Das Schicksal des Traditionsunternehmens Karstadt ist weiter ungewiss. Die erste Zusammenkunft des Aufsichtsrats nach der Übernahme durch den neuen Investor war mit Spannung erwartet worden. Das Konzept deutet harte Einschnitte an. Verdi will um Jobs kämpfen.

Essen. Die 17 000 Karstadt-Beschäftigten müssen weiter bangen. Hinter verschlossenen Türen wurde am Donnerstag bei einer Marathon-Sitzung über das Schicksal der seit Jahren ums Überleben kämpfenden Warenhauskette beraten. Und das Ergebnis dürfte die Belegschaft auf harte Konsequenzen einstimmen. Zwar wurde noch nichts konkret beschlossen, aber an der Entschlossenheit von Geschäftsführer Miguel Müllenbach blieb kein Zweifel.

Das von ihm in der Sitzung vorgestellte Konzept sieht nachhaltige Einsparungen bei Sach- und Personalkosten vor - explizit auch die Schließung defizitärer Filialen, über die seit Wochen spekuliert wird. Allerdings fasste der Aufsichtsrat dazu noch keine konkreten Beschlüsse.

Wie ernst die Lage aus Sicht des Karstadt-Managements tatsächlich ist, teilt das Unternehmen unumwunden mit: »Das Management stellte fest, dass die seit 2011 verfolgte Strategie wirtschaftlich fehlgeschlagen ist.« Die Manager schauten sich zudem die Konkurrenz genau an und attestieren nun: Wettbewerber agierten mit über 20 Prozent weniger Personal auf vergleichbarer Fläche deutlich erfolgreicher.

Nach dem überraschenden Einstieg des Tiroler Immobilieninvestors René Benko war das zuvor mehrfach verschobene Treffen mit Spannung erwartet worden. Bereits vor der ersten Sitzung nach dem Eigentümerwechsel war über harte Einschnitte unter den 83 Karstadt-Häusern spekuliert worden.

Doch nach dem erfolglosen Engagement seines Vorgängers Nicolas Berggruen hatten Experten ohnehin mit einem energischen Durchgreifen des neuen Eigentümers gerechnet. »Benko wird einen harten Schnitt machen müssen«, so der Geschäftsführer der Managementberatung Brand Trust, Klaus-Dieter Koch.

Nach der Umbesetzung des Kontrollgremiums verfügt Benko über mehrere Vertraute im neuen Aufsichtsrat. Auch im Management des Warenhausunternehmens stehen nach dem Abgang der Karstadt-Chefin und einstigen Hoffnungsträgerin Eva Lotta Sjöstedt Neubesetzungen an. Darüber soll bis zur nächsten Sitzung des Kontrollgremiums am 23. Oktober beraten werden.

Als starker Mann hinter den Karstadt-Kulissen gilt unter Beobachtern weiterhin Aufsichtsratschef Stephan Fanderl. Der Handelsexperte hatte die Beschäftigten schon vor knapp zwei Monaten unmissverständlich auf einen harten Sanierungskurs eingestimmt.

»Es ist klar, dass Karstadt in der derzeitigen Situation alles auf den Prüfstand stellen muss. Und zwar schnell«, betonte Fanderl damals in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. Bis zu ein Viertel der 83 Karstadt-Filialen bereiteten dem Unternehmen Sorgen und könnten vor der Schließung stehen, so Fanderl in dem Interview. In anderen Berichten heißt es sogar, dass bis zu 30 Filialen bedroht sein könnten. Betroffen davon seien 3000 bis 4000 Mitarbeiter, hatte die »Bild am Sonntag« unter Berufung auf Insider berichtet.

Für die Gewerkschaft Verdi stehen die Zeichen bei Karstadt auf Sturm: Bei allzu heftigen Einschnitten muss sich Benko auf massiven Widerstand gefasst machen. »Wir werden um die Arbeitsplätze kämpfen«, kündigte Aufsichtsratsmitglied Stefanie Nutzenberger, die bei Verdi für den Bereich Handel zuständig ist, nach der Sitzung an. dpa/nd

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