Ein vergiftetes Angebot

Dieter Janke über Schäubles Vorstoß zur Schuldenbremse

  • Lesedauer: 1 Min.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist zweifellos einer der erfahrensten bundesdeutschen Politiker - aber auch einer der gerissensten. Wenn der CDU-Politiker einen Vorstoß macht, sind Richtung und avisiertes Ergebnis wohl kalkuliert. Das dürfte auch für den Vorschlag gelten, die maßgeblich von ihm auf den Weg gebrachte Schuldenbremse so zu lockern, dass die Bundesländer auch nach 2020 noch Kredite aufnehmen können.

Bei genauerer Betrachtung der Offerte zeigt sich indes, dass dies keineswegs eine Abkehr von Schäubles investitionsfeindlicher Austeritätspolitik ist. In absoluten Zahlen macht das Angebot für die 16 Länder zusammen einen zusätzlichen Finanzspielraum von gerade einmal 3,5 Milliarden Euro jährlich aus. An den chronisch unterfinanzierten öffentlichen Kassen würde sich damit also nichts ändern.

Und es ist ein geradezu biblisches Linsengericht, wenn man den Preis betrachtet, den die Länder nach dem Willen des Finanzministers entrichten sollen: Als Gegenleistung soll der aus den Kassenwarten von Bund und Ländern zusammengesetzte Stabilitätsrat zu einer »echten Kontrollbehörde« umgebaut werden, die gegen Länderhaushalte vor dem Bundesverfassungsgericht klagen und Sanktionen verhängen kann - und dies schon bei einfacher Mehrheit. Das Etatrecht der Länderparlamente würde zu wesentlichen Teilen ausgebremst und gegen Bares aufgewogen werden. So erweist sich Schäubles Offerte als wahrlich vergiftetes Angebot.

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