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Siemens setzt auf Fracking

Münchner Technologiekonzern übernimmt amerikanischen Energietechnikspezialisten

  • Ulrich Glauber
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit dem Kauf von Dresser-Rand (DRC) gewinnt der Siemens-Umbau an Schwung. Denn zugleich mit der Übernahme wird das traditionelle Hausgeräte-Joint-Venture mit Bosch aufgegeben.

Siemens baut um - und die Umwälzung bei Europas nach wie vor größtem Industriekonzern unterstreicht nichts besser als der Abschied von der gemeinsamen Haushaltsgerätefirma »Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH« (BSH) nach immerhin fast einem halben Jahrhundert der Zusammenarbeit. Zeitgleich mit dem Kauf von Dresser-Rand (DRC) für rund 5,8 Milliarden Euro gab Siemens am Montag nämlich bekannt, dass das vor fast einem halben Jahrhundert gegründete Joint Venture mit Bosch spätestens im kommenden Juni Geschichte sein wird.

Drei Milliarden Euro werden die Stuttgarter von Bosch, die die den Markenamen »Siemens« bei den Hausgeräten noch langfristig nutzen dürfen, für die Hälfte der BSH-Anteile nach München überweisen. Das Geld kann Siemens-Chef Joe Kaeser, der vor seinem Wechsel an die Vorstandsspitze im Hause für die Finanzen zuständig war, auch gut gebrauchen. Für das laut Konzernmitteilung »freundliche Übernahmeangebot« für den texanischen Öl- und Gastechnik-Spezialisten DRC wurde nämlich Barzahlung vereinbart.

Schon geraume Zeit galt DRC, das zuletzt einen Jahresumsatz von rund drei Milliarden Dollar erzielte, als Kaesers Traumobjekt: »Als Premiummarke in den globalen Märkten für Energieinfrastruktur passt Dresser-Rand perfekt in das Siemens-Portfolio. Beide Geschäfte zusammen schaffen einen Weltklasseanbieter für die wachsenden Öl- und Gasmärkte«, wird Kaeser in einer Mitteilung seines Konzerns zur Übernahme des US-Unternehmens zitiert, das Pumpen, Zentrifugen und andere Technik für den Einsatz auf Öl- und Gasfeldern herstellt. Der Abschluss ist so gut wie perfekt, denn der DRC-Verwaltungsrat hat den Aktionären einstimmig empfohlen, das Gebot anzunehmen.

Mit dem Kauf des US-Konzerns hat Kaeser einen entscheidenden Schritt zur Stärkung der Energietechnik getan, die er als wesentliche Wachstumssparte für den Konzern identifiziert hat. Dabei will Siemens über die künftige Tochter DRC zweifellos auch vom umstrittenen Fracking profitieren. Dabei werden Öl und Gas gewonnen, indem Risse im Gestein mittels chemisch angereichertem Wasser unter hohem Druck aufgebrochen werden. Sowohl für das Vordringen in rohstoffhaltige Schichten in großer Tiefe wie für die Förderung von freigesetztem Öl und Gas werden Industriepumpen und Zentrifugen gebraucht. Siemens stellt Gasturbinen und Ausrüstung für Gasförderer her, Dresser-Rand Pumpen, Zentrifugen, Kompressoren und Turbinen.

Der 56-jährige Kaeser hat seit seiner Berufung an die Siemens-Spitze vor 14 Monaten die Erweiterung der US-Präsenz konsequent vorbereitet. Im Mai machte Kaeser die Amerikanerin Lisa Davis zur Leiterin der Sparte »Power«. Seitdem wird dieser Bereich erstmals in der Geschichte des im deutschen Leitindex Dax gelisteten Unternehmens mit seinen 362 000 Beschäftigten direkt aus den USA gesteuert.

Der Zuschlag beim US-Schwergewicht der Energietechnik ist zweifellos ein Erfolg für Kaeser. Denn für Dresser-Rand hatte sich nicht nur der mächtige US-amerikanische Rivale General Electric interessiert. Auch der in Winterthur ansässige Schweizer Siemens-Konkurrent Sulzer, der zum Imperium des helveto-russischen Investor Viktor Wekselberg gehört, hatte erst vor wenigen Tagen Gespräche mit den Texanern über eine mögliche Fusion bestätigt. Und bei Sulzer ist derzeit Peter Löscher Verwaltungsratschef, Vorgänger von Kaeser bei Siemens.

Doch am Wochenende war klar geworden, dass Löschers Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt sein würden. Sulzer habe die Gespräche mit Dresser-Rand beendet, bestätigte eine Sulzer-Sprecherin am gestrigen Montag dann auch offiziell. Das Unternehmen werde sich auf andere Übernahme- und Fusionsprojekte und das eigene Geschäft konzentrieren.

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