Windeln für Almkühe?
Bayerns Bauernverband protestiert gegen Pläne für ein Düngeverbot an Hanglagen
Gmund. Kein Protestgeschrei, keine störrischen Tritte - mit stoischer Gelassenheit lässt sich Doris die Windel anlegen. Doris ist kein Baby, sondern eine der 18 Milchkühe des Bergbauern Johann Huber aus Gmund am Tegernsee. Mit der Aktion »Brauchen Almkühe bald Pampers?« protestierte der Bayerische Bauernverband (BBV) am Mittwoch gegen das von der EU geplante Düngeverbot an Hanglagen. »Wir fordern, dass das Verbot in Deutschland verhindert wird«, sagte Oberbayerns BBV-Präsident Anton Kreitmair.
Sollte sich die EU-Kommission durchsetzen, würde für Flächen mit einer Hangneigung von mehr als 15 Prozent künftig ein generelles Düngeverbot gelten. Die EU hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland in Gang gesetzt - mit der Folge, dass die Bundesrepublik ihre Düngeverordnung verschärfen muss. »In Bayern wäre so auf der Hälfte der Weinbauflächen keine Düngung mehr möglich und zehn Prozent der Wiesen und Äcker könnten künftig nicht mehr bewirtschaftet werden«, befürchtet Kreitmair. Nur noch mit Einschränkungen dürften Kühe dann auf Almwiesen weiden. Denn auch Gülle dürfte dort nicht mehr ausgebracht werden.
»Gülle und Mist sind aber kein Abfall, sondern ein wertvoller Dünger«, so der BBV-Experte. Kreitmair bestritt, dass an Hängen verschüttete Gülle dem Grundwasser mehr schade als wenn sie auf ebener Fläche ausgebracht wird. »Es macht keinen Unterschied, wenn der Dünger fachgerecht ausgebracht wird.«
Dann schritt Bauer Huber zur Tat. »Wir haben keine Normwindeln, die hat's im Handel noch nicht gegeben«, sagte Kreitmair, als der Kuh Doris ein Kunststoffvlies ums Hinterteil gebunden wurde. Ihre Artgenossen Annett und Ami schauten derweil teilnahmslos zu. Huber und seine Familie bewirtschaften den Bergerhof mit 50 Hektar Fläche, davon 20 Hektar Grünland und zehn Hektar Almwiesen. Auf Nachfrage verriet Huber, dass die Idee zu der öffentlichkeitswirksamen Aktion gar nicht von ihm selbst, sondern vom Bauernverband stammt.
Bei der Vertretung der Europäischen Kommission in München versteht man die Aufregung nicht. Schließlich könne Deutschland bei der Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie die lokalen landwirtschaftlichen und ökologischen Bedingungen berücksichtigen, teilte ihr Sprecher Steffen Schulz mit. Ziel bleibe aber, Wasserverschmutzung durch ausgewaschene Nitrate zu vermeiden. Der Nitratgehalt im Grundwasser liege an vielen Orten Deutschlands über dem erlaubten Grenzwert. dpa/nd
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