Häuslebauprogramm für Asylbewerber

Baden-Württemberg investiert 30 Millionen Euro für neue Unterkünfte

  • Lesedauer: 3 Min.
Baden-Württemberg kündigte konkrete Unterstützung für Asylbewerber an. Die Landesregierung will 3000 neue Plätze schaffen und ein Sonderkontingent für Frauen aus Syrien und Irak einrichten.

Stuttgart. Baden-Württemberg signalisierte auf dem Stuttgarter Flüchtlingsgipfel Handlungsbereitschaft. Die Landesregierung beschloss nach dem Treffen am Montag, ihre Aktivität zu verstärken und stellt für die nächsten zwei Jahre weitere 30 Millionen Euro für Flüchtlinge zur Verfügung. Die Mittel sollen in den Bau von neuen Unterkünften fließen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erklärte nach dem Gipfel, 3000 neue Plätze für Asylbewerber schaffen zu wollen.

Die Landesregierung kündigte außerdem an, ein Sonderkontingent von bis zu 1000 Frauen aus Syrien und Nordirak aufzunehmen, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind.

Für den Doppelhaushalt 2015/16 hatte die Landesregierung bereits 100 Millionen Euro zusätzlich beschlossen. Für das laufende Jahr rechnet der Südwesten mit 26 000 Flüchtlingen. 2012 waren es noch 8000.

Bei der Gesundheitsversorgung der Asylbewerber hingegen sieht Kretschmann Berlin in der Verantwortung. »Wenn der Bund diese Kosten übernimmt, wäre das eine tatsächliche Entlastung für die Kommunen.«

An dem fast vierstündigen Flüchtlingsgipfel nahmen rund 30 Vertreter aus Politik, Kirchen, Kommunen, Flüchtlingsorganisationen und der EU-Kommission teil. Kretschmann wertet das Treffen als Erfolg. Er zeigte sich überrascht, in welchem Ausmaß sich auch Privatinitiativen für die Belange von Flüchtlingen engagierten. Der Ministerpräsident griff die Idee des Bischofs der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, auf, ein übergreifendes Bündnis für Flüchtlinge im Südwesten zu schließen.

Die Kirchen hatten bereits vor dem Gipfel beschlossen, mehr für die Flüchtlingshilfe zu tun. So legte die Diözese Rottenburg-Stuttgart einen Hilfsfonds in Höhe von 3,5 Millionen Euro auf. Die Evangelische Landeskirche in Württemberg hat ihren bereits beschlossenen Betrag von 2,5 Millionen Euro noch einmal um 2,15 Millionen erhöht. Auch die Evangelische Landeskirche in Baden und die Erzdiözese Freiburg haben ihr Engagement verstärken.

Kretschmann, der zuletzt in eigenen Parteikreisen unter Druck geriet, weil er im Bundesrat einer Verschäftung des Asylrechts zustimmte, kritisierte nach dem Treffen den Esslinger Landrat Heinz Eininger. Der Christdemokrat hatte für seinen Landkreis angekündigt, keine Flüchtlinge mehr aufzunehmen, weil die Kapazitäten für eine humanitäre Unterbringung erschöpft seien. Für Kretschmann ist das inakzeptabel. Damit werde das »hochproblematische Signal« gesendet, »das Boot ist voll«, so der Ministerpräsident. Davon könne aber keine Rede sein. Man werde alle Flüchtlinge unterbringen, bekräftigte er.

Die Kritik zeigte offenbar Wirkung. Der Kreis Esslingen nahm den pauschalen Aufnahmestopp für Flüchtlinge umgehend wieder zurück. Der Landkreis werde in den kommenden Monaten 40 bis 50 Hilfesuchende aufzunehmen, erklärte Eininger am Dienstag. Überdies schaffe der Kreis weitere 650 Plätze, die nach und nach im kommenden halben Jahr bereitgestellt werden.

Die baden-württembergische Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) betonte nach dem Treffen, die steigenden Flüchtlingszahlen werde von allen gesellschaftlichen Kräften mehr Anstrengungen erfordern. An den Bund appellierte sie, die Asylrechtsreformen zügig umzusetzen, um Flüchtlinge etwa schneller in Arbeit zu bringen. Es reiche nicht, das Arbeitsverbot für Flüchtlinge auf drei Monate zu verkürzen, wenn diese Menschen nicht gleichzeitig Sprachförderung und Qualifizierungsmaßnahmen erhielten. nd/Agenturen

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal