Genug Platz zum Spielen

Hannover: Klage gegen Flüchtlingsheim abgewiesen

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.

Das neue Flüchtlingswohnheim in Hannover-Bothfeld kann zu Ende gebaut werden. Eine Anwohnerin scheiterte am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht der niedersächsischen Landeshauptstadt mit einer Klage gegen die 2013 erteilte Baugenehmigung (Az 4 A 491/14). Zuvor hatte die 4. Kammer des Gerichts bereits einen Eilantrag der Frau abgewiesen.

Das Wohnheim wird von der städtischen Immobiliengesellschaft GBH errichtet. Im Bebauungsplan ist das 7200 Quadratmeter große Grundstück als Spielfläche für den Stadtteil ausgewiesen. Von dieser Vorgabe hatte sich die GBH »befreien« lassen. Hier setzte die Argumentation der Klägerin an: Eben weil das Gelände als Spielfläche geplant worden sei, hätte keine Baugenehmigung erteilt werden dürfen.

Das Gericht wies das schon aus formalen Gründen zurück. Die Klägerin wohne gar nicht in demselben Bebauungsplangebiet und sei deshalb nicht Betroffene, sagte Gerichtssprecher Burkhard Lange. Schon im Eilverfahren hatte sich die Kammer auch inhaltlich positioniert: Weil lediglich ein Drittel des betreffenden Grundstücks zur Bebauung freigegeben worden sei, bleibe auch dann noch genug Platz zum Spielen, wenn das Wohnheim fertig errichtet sei.

Die Klägerin hatte zudem vermeintliche Gefahren sowie unzumutbare Störungen ins Feld geführt, die von einem möglichem rechtsextremistischen Anschlag auf eine Gasfernleitung am Rande des Grundstücks drohten. Konkret befürchtete die Frau, dass im Falle einer Gasexplosion die Flüchtlingsunterkunft beschädigt werden und herumfliegende Gebäudeteile sie selbst verletzen und ihr Haus in Mitleidenschaft ziehen könnten.

Nach Ansicht des Gerichts begründet die theoretische Gefahr eines Anschlags jedoch keinen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot. Abgesehen von der Unwahrscheinlichkeit eines solchen rechten Angriffs sei der Abstand des Heims zur Gasleitung groß genug. Die Klägerin wiederum wohne 200 Meter von der Unterkunft entfernt und habe somit keinen darüber hinausgehenden Schutzanspruch. Eine Berufung gegen das Urteil ließ die Kammer nicht zu. Die Klägerin kann gegen diese Entscheidung jedoch Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg einlegen.

Das Wohnheim im bürgerlichen Stadtteil Bothfeld ist für bis zu 50 Flüchtlinge konzipiert. Sie sollen dort von Sozialpädagogen betreut werden, rund um die Uhr soll ein Pförtner- und Hausmeisterdienst vor Ort sein. So sieht es zumindest das Leitbild zur Flüchtlingsunterbringung vor, das der rot-grün-dominierte Stadtrat beschlossen hat.

In der Nachbarschaft stieß das Vorhaben von Beginn an auf Vorbehalte. Während Zeitungen von »Luxus-Wohnheimen« und »Asyl-Hotels« schrieben, sammelte eine Bürgerinitiative Hunderte Unterschriften. Einige Bothfelder sorgten sich, dass die Kriminalität steigen und der Wert ihrer Immobilien sinken könnte. Die CDU vor Ort griff die Bedenken auf und forderte auch in den Ratsgremien mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung bei der Suche nach Standorten für Flüchtlingsunterkünfte. Allerdings wandten sich die Christdemokraten gegen eine Klage.

Auf den Rohbau des Wohnheims hatten ein unbekannter oder mehrere unbekannte Täter Ende August einen Brandanschlag verübt. Die Polizei schätzte den Schaden auf rund 10 000 Euro und ermittelt wegen vorsätzlicher Brandstiftung.

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