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Die Genossen entscheiden

Stimmzettel zum rot-roten Koalitionsvertrag erreichen ihre Adressaten. Kritiker sprechen von einer »Farce«.

Der Mitgliederentscheid über die Fortsetzung der Koalition mit der SPD ist angelaufen. Die großen dicken Umschläge treffen nun bei den Genossen der LINKEN ein. Sie enthalten den Koalitionsvertrag, einen Stimmzettel, einen Rücksendeschein und eine Begründung von Landesvorstand und Landesausschuss, warum sie Zustimmung empfehlen.

»Nach harten Verhandlungsrunden übergeben wir euch den Koalitionsvertrag zur Bewertung und Entscheidung«, heißt es in der Begründung. »Wir ... konnten einen großen Teil der Vorhaben aus dem Wahlprogramm - trotz unserer Wahlniederlage - im Vertrag verankern.« Mit dem Vertrag gelinge eine Abkehr von »konservativen Dogmen«. Er setze auf weniger Selektion und längeres gemeinsames Lernen - und mithin auf ein anderes Menschenbild, wo Bildung vor Verwertung stehe. »Mit einem Bekenntnis gegen Kinderarmut, gegen diskriminierende Sondergesetzgebung für Flüchtlinge, für gute Arbeit und auch ganz konkret ein um 30 Prozent höheres Pflegegeld stehen wir für einen starken Sozialstaat«, heißt es. Selbstkritisch wird unter anderem vermerkt: »Beim Thema Verfassungsschutz konnten wir uns bisher nicht durchsetzen. Wir haben nicht alle Ziele erreicht, nicht jeder Satz entspricht linker Programmatik.« Man werde aber die über den Vertrag hinausgehenden Themen nicht ad acta legen, sondern weiter bearbeiten.

Auf dem Stimmzettel ist formuliert, die LINKE gehe mit der SPD »zu den Bedingungen des beigefügten Vertrags« eine Koalition ein. »Beide Parteien bilden gemeinsam die neue Landesregierung«. Es gibt die Möglichkeiten »Ja«, »Nein« und »Enthaltung«. Wenn nichts angekreuzt wird, gilt dies auch als Enthaltung. Der Stimmzettel gehört in einen beigelegten Umschlag und dieser mit dem ausgefüllten Rücksendeschein in einen weiteren Umschlag, der an die Landesgeschäftsstelle adressiert ist und nicht frankiert werden muss. Auf dem Rücksendeformular ist eidesstattlich zu versichern, dass der Absender Genosse im Landesverband ist. Die Stimme kann per Post versendet werden und muss dann spätestens am 30. Oktober in der Landesgeschäftsstelle eintreffen, oder sie kann auch bis zum 27. Oktober in einer Kreisgeschäftsstelle abgegeben werden.

Viele melden sich jetzt mit ihrem Urteil zu Wort. Darunter René Schuster von der Grünen Liga, der früher für Abgeordnete der Sozialisten arbeitete. Schuster bemängelt, ohne Informationen über den Zuschnitt der Ministerien und die Verteilung der Posten sei der Mitgliederentscheid eine »Farce«, was andere auch schon rügten. Außerdem solle dem Nachhaltigkeitsbeirat der Mund verboten werden, weil er es gewagt habe, die Regierung zu kritisieren, sagt Schuster. Es sei nicht schlimm, dass 2040 als Jahr des Braunkohleausstiegs nicht auftaucht, es sei aber schlimm, dass keine konkreten Schritte zur Vermeidung weiterer Tagebaue festgelegt werden. »Für eine Partei, die sich in ihrem Programm dem sozial-ökologischen Umbau verschrieben hat, ist dieser Vertrag schlicht eine Schande.«

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