Wasser auch im Kolosseum

Italien wird von neuen schweren Herbstunwettern heimgesucht

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 2 Min.
Zum zweiten Mal in diesem Herbst haben in Italien Unwetter zu übertretenden Flüssen und überfluteten Städten geführt. In der Nordtoskana sind hunderte Menschen obdachlos.

Normalerweise ist der Carrione ein träge dahinfließender Bach, der sich mit seinem milchig weißen Wassern aus den Marmorbergen oberhalb Carraras zur tyrrhenischen Küste ergießt. Nicht jedoch in diesen Tagen, wo Starkregenfälle alle Dämme brechen ließen und binnen weniger Stunden 400 Liter Wasser auf einen Quadratmeter fielen. Die Straßen Carraras und des Küstenorts Marina di Carrara waren von lehmig-braunem Wasser bedeckt, in einigen Wohngebieten mussten die Menschen sich auf die Dächer flüchten und wurden mit Hubschraubern evakuiert.

Das gleiche Bild bot sich nahezu an der gesamten Westküste Italiens. Am Donnerstagmorgen vermeldete Rom sintflutartige Wolkenbrüche, Straßen wurden überschwemmt, drei Metrostationen mussten aus Gefahrengründen geschlossen werden. Von Cuneo im Nordwesten des Landes bis Catania auf Sizilien wurde Unwetterwarnung der höchsten Stufe ausgerufen und empfohlen, Schulen und öffentliche Einrichtungen in den gefährdetsten Gebieten zu schließen.

Geschlossen blieb auch die hauptstädtische Universität Sapienza, während die Universität Tor Vergata zunächst den Lehrbetrieb fortsetzte. Videoaufnahmen zeigten indes, wie der Regen in Tor Vergata eindrang und Flure unter Wasser setzte. Geschlossen wurden auch das Forum Romanum und das Colosseum, weil wegen des Sturmes mit herabfallenden Gesteinsbrocken gerechnet werden muss. Roms Bürgermeister Ignazio Marino appellierte an alle Bürger, die Benutzung ihrer Autos zu vermeiden.

Das am schwersten betroffene Gebiet liegt zwischen La Spezia und Pisa. In Carrara und Massa sind 1700 Wohnungen unbrauchbar geworden, Fabriken und Läden stehen unter Wasser. Hunderte Menschen mussten in Notquartieren untergebracht werden. »Zum Glück gibt es weder Tote noch Verletzte«, sagte der Bürgermeister von Carrara, Angelo Zubbani.

Doch die Schäden sollen in die Millionen gehen. Außer an Industrieanlagen und Privathäusern ist auch ein beträchtlicher Schaden an den Dämmen des Carrione entstanden - mehrere hundert Meter sind von den Fluten einfach eingedrückt worden, obwohl die Schutzdämme erst nach der Flut von 2012 erneuert wurden.

So verwundert es nicht, wenn die Staatsanwaltschaft von Carrara Ermittlungen wegen schuldhafter Herbeiführung einer Umweltkatastrophe eröffnete. Wie Oberstaatsanwalt Aldo Giubilaro erklärte, könnten die Ermittlungen an das laufende Verfahren aus dem Jahre 2012 angehängt werden, in dem die Ursachen für den Bruch von einem Kilometer Damm des Carrione und die Beschädigung der Aurelia-Brücke untersucht würde.

Die Meteorologen geben noch keine Entwarnung, die Schlechtwetterzone hat sich am Donnerstag auch auf die Ostseite Italiens ausgedehnt.

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