Projekte von Rot-Rot-Grün in Thüringen

Verfassungsschutz an der Leine, kostenfreies Kitajahr, öffentlicher Beschäftigungssektor: Was steht im Koalitionsvertrag

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Berlin. Das Dreierbündnis von Linker, SPD und Grünen in Thüringen hat sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Der wird am Donnerstag vorgestellt, einige Kernprojekte sind allerdings bereits bekannt.

SICHERHEIT: V-Männer sollen in Thüringen nur noch in Ausnahmefällen wie bei der Terrorismusbekämpfung eingesetzt werden. Ursprünglich hatte die Linke eine komplette Abschaffung des Verfassungsschutzes gefordert.

KINDERBETREUUNG: Ein beitragsfreies Kita-Jahr soll Eltern finanziell entlasten. Bei der Einführung des SPD-Wunschprojekts will die Regierung eng mit den Kommunen zusammenarbeiten.

ARBEITSMARKT: Mit einem öffentlichen Beschäftigungssektor will die Koalition Menschen mit geringem Einkommen eine staatlich geförderte Arbeit bieten. Damit sollen sie ihren Lebensunterhalt vollständig selbst bestreiten können – ohne zusätzliche Unterstützung wie Hartz IV. Das Vorhaben gilt als Prestigeprojekt der Linken.

BILDUNG: Die freien Schulen sollen mindestens zehn Millionen Euro zusätzlich pro Jahr bekommen. Mit der stärkeren Förderung soll verhindert werden, dass die Elternbeiträge ansteigen. Bislang gibt Thüringen etwa 135,5 Millionen Euro für die freien Schulen aus - vor allem die Grünen wollten mehr.

LANDKREISE: Bis Ende 2015 will das Bündnis ein sogenanntes Leitbild für eine Gebietsreform im Bundesland erstellen und bis 2019 umsetzen. Durch die Reduzierung der Zahl der 17 Kreise wollen Linke, SPD und Grüne Verwaltungskosten sparen.

Einigung wurde auch über zahlreiche demokratie- und innenpolitische Punkte erzielt. So würde Rot-Rot-Grün das Wahlalters auf Landesebene auf 16 Jahre absenken, den Personalabbau bei der Thüringer Polizei stoppen, eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte in geschlossenen Einheiten angehen und das viel kritisierte »Racial Profiling« gesetzlich ausschließen. Auch die Möglichkeiten der direkten Demokratie in Thüringen will Rot-Rot-Grün ausweiten.

Ein ganzer Unterpunkt der rot-rot-grünen Vereinbarungen widmet sich den Konsequenzen aus der Mordserie des rechtsradikalen Netzwerkes NSU, das seine Wurzeln in Thüringen hatte. So habe man sich auf »eine grundsätzliche Revision und Neuausrichtung der Sicherheitsarchitektur im Freistaat« geeinigt, hieß es aus Verhandlungskreisen. Rechtsradikale Organisationen erwartet eine »entschiedene Verbotspraxis«, heißt es bei Rot-Rot-Grün. Geplant ist zudem eine Dokumentationsstelle für Menschenrechte, Grundrechte und Demokratie, die schwerpunktmäßig neonazistische Aktivitäten wissenschaftlich untersuchen und Gegenkonzepte erarbeiten soll. Im Rahmen einer Enquete-Kommission des Landtages sollen mit Experten und der Zivilgesellschaft darüber hinaus »Konzepte für eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rassismus und Diskriminierung« erarbeitet werden. Die Parteien wollen auch Sorge dafür tragen, dass der Untersuchungsausschuss zur NSU im Landtag fortgeführt wird.

»Die Parteien sind sich einig darin, den Opfern des NSU-Terrors in Thüringen noch in dieser Legislaturperiode eine Stätte der Erinnerung und Mahnung zu errichten«, heißt es aus Sondierungskreisen weiter. Dabei sollen die Angehörigen der Opfer einbezogen werden. »Ein gesellschaftlich breit getragener und würdiger Gedenkort für die Toten, deren Mörder aus Thüringen kamen, soll und wird eine notwendige Debatte über rassistische Einstellungen sowie Denk- und Handlungsmuster befördern.«

Vereinbart ist auch die grundsätzliche Reform der Erstaufnahme von Flüchtlingen in Thüringen anzugehen, für eine dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern und einen unbürokratischen Zugang von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu medizinischer Versorgung durch Ausgabe einer Krankenkassenkarte zu sorgen. Auch gibt es Einigkeit darüber, die Gutscheine und Sachleistungen in den letzten zwei Thüringer Landkreisen abzuschaffen und die psychosoziale Versorgung von Flüchtlingen sicherzustellen. nd/mit Agenturen

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