»Dann wurde Jelzin plötzlich zum Alkoholiker«

Kremlchef Putin liest dem Westen die Leviten wegen dessen Heuchelei im Ukraine-Konflikt

  • Lesedauer: 2 Min.
Russlands Präsident Putin und sein Außenminister Lawrow kritisieren scharf die »falsche Taktik« des Westens in der Ukraine-Krise.

Moskau. Im Ukraine-Konflikt hat Kremlchef Wladimir Putin dem Westen »Heuchelei« gegen Russland vorgeworfen. Moskau werde von den USA und der EU nur als Partner akzeptiert, wenn es »brav« sei. »Wenn sich Russland das Recht nimmt, seine Interessen zu schützen, ändert sich das Verhältnis sofort«, sagte er in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der Agentur Tass.

Als Beispiel nannte Putin den ersten russischen Präsidenten Boris Jelzin. »Jelzin wurde vom Westen zunächst mit Hurra aufgenommen. Kaum erhob er aber (1999) die Stimme zum Schutz Jugoslawiens, verwandelte er sich in westlichen Augen in einen Alkoholiker«, meinte er.

Russland wolle sich durch die Ukraine-Krise nicht in die Isolation drängen lassen. »Ein Eiserner Vorhang würde uns zum Verhängnis werden«, sagte Putin. Das Land werde aber seine Interessen verteidigen. Dies gelte auch bei dem Beitritt der Krim zu Russland. »Weil wir im Recht sind. Die Kraft liegt in der Wahrheit. Wenn ein Russe sich im Recht fühlt, ist er unbesiegbar«, sagte der Präsident. Die Krim-Annexion bezeichnete er als »strategische Lösung«.

In der Ukraine-Krise messe der Westen mit zweierlei Maß, erklärte Putin. In den Tschetschenien-Kriegen sei Russland dafür kritisiert worden, im Nordkaukasus schwere Waffen gegen Terroristen einzusetzen. In der Ukraine dürfe die Armee aber mit Kampfflugzeugen und Artillerie gegen Separatisten vorgehen, und der Westen schweige dazu. »Geht es also wirklich um die Ostukraine? Keinesfalls.« Der Westen finde immer einen Grund zur Kritik an Russland. »Das war immer so.«

Russlands Außenminister Sergej Lawrow beschuldigte USA und EU, mit ihren Strafmaßnahmen in der Ukraine-Krise den Sturz der Führung in Moskau zu beabsichtigen. Mit den Sanktionen sollten die russische Wirtschaft zerstört und Proteste provoziert werden, sagte Lawrow in Moskau. Der Westen wolle damit auch seine »falsche Taktik« verdecken. »Unsere Partner haben in der Ukraine Extremisten unterstützt und ihre eigenen demokratischen Prinzipien mit Füßen getreten«, sagte Lawrow. Russland wolle zwar nicht auf Zusammenarbeit mit der EU verzichten. Eine baldige Rückkehr zu den früheren, besseren Beziehungen sei aber unmöglich.

Unterdessen erhält die ukrainische Armee für ihren Kampf gegen »prorussische Separatisten« Kriegsgerät aus den USA. Washington liefere dem krisengeschüttelten Land unter anderem Radareinrichtungen zur Artillerieaufklärung sowie Nachtsichtgeräte und Schutzwesten, berichteten Medien am Wochenende in Kiew. Einen Teil der Ausrüstung habe US-Vizepräsident Joe Biden bei seinem Besuch in der früheren Sowjetrepublik am Freitag übergeben, hieß es. Agenturen/nd

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