Lichterfest gegen Abrissbagger

Kleingartenpächter in der Beermannstraße müssen am Montag ihre Anlagen endgültig räumen

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein letztes Mal soll dort, wo mal Autos rollen werden, gefeiert werden. Mit einem Fest wollen die Pächter an der Beermanstraße zeigen, dass sie den Ausbau der A 100 nicht akzeptieren.

Einen Tag vor der endgültigen Übergabe an die Stadt soll auf der Kleingartenanlage in der Beermannstraße 24 noch einmal richtig gefeiert werden. Mit einem Lichterfest wollen die betroffenen Kleingärtner, Anwohner und diverse Kiezinitiativen auf ihre Lage aufmerksam machen, und ihren Unmut gegen ihre Verdrängung zugunsten des geplanten Ausbau der A 100 kundtun. Am Montag müssen die Kleingärten, die auf der geplanten Trasse liegen, der Verwaltung übergeben werden. Mit einem Abriss der Anlage wird noch in diesem Jahr gerechnet.

Zu dem Fest am Sonntag sind Interessierte eingeladen, sich mit den Betroffenen auseinanderzusetzen und sich untereinander zu vernetzen. Ab 13 Uhr gibt es Kaffee, Punch und Kuchen, bevor um 15 Uhr in einer Stadtteilversammlung das weitere Vorgehen besprochen werden soll. Speziell hierzu sind andere von Verdrängung Betroffene, aber auch Unterstützer und stadtpolitische Initiativen eingeladen. Um 18 Uhr wird die Dokumentation »Verdrängung hat viele Gesichter« des Filmkollektivs Schwarzer Hahn gezeigt, welches wie auch einige der Protagonisten anwesend sein wird.

Die Beermannstraße ist derzeit einer der Punkte, an denen die Auswirkungen des Ausbaus der A 100 auf die Anwohner besonders deutlich werden. Neben den Pächtern, die ihre Gärten verlieren, sind auch weiterhin zehn Mietpartien in den Wohnhäusern 20 und 22 akut von dem Verlust ihrer Wohnung bedroht. Die Umweltorganisation Robin Wood, die gegen den Ausbau der Stadtautobahn kämpft, fordert deshalb ein Moratorium: zumindest für den Winter soll der Wohnraum erhalten bleiben. Für Peter Schwarz von Robin Wood geht es dabei nicht um reine Symbolpolitik, sondern den vom Abriss bedrohten Wohnraum zu erhalten. Letztlich, so Schwarz, geht es darum, »den Ausbau der A 100 zu verhindern«.

Das es sich durchaus lohnen kann, sich gegen die Stadt zu Wehr zu setzen, haben die Kleingärtner der Beermannstraße bereits erfahren. Sechs Parzellen legten Beschwerde gegen die von ihnen als Mogelei empfundene erste Schätzung des Wertes ihrer Gärten ein. Bei einem zweiten Schätzungstermin wurden fünf von ihnen eine wesentlich höhere finanzielle Entschädigung angeboten. Wie eine anonym bleiben wollende Gärtnerin »nd« mitteilte, kam der Schätzer zum zweiten Termin mit vorgefertigtem Protokoll. Für Schwarz ein ganz klares Zeichen, dass es sich um eine politische Weisung handelt, die Leute heraus zukaufen.

Damit weicht der Senat erstmals von seiner Linie ab, in Fragen der A 100 Ausbaus keine Kompromisse einzugehen. Für Robin Wood entspricht dies der Logik des Senats, möglichst in Ruhe den Ausbau der Autobahn voranzutreiben, um möglichst schnell unumkehrbare Fakten zu schaffen. So wird der Ausbau auch von beiden Enden begonnen, so dass eine Situation eintritt, in der die »Verwaltung von Sachzwängen« dazu führt, das A 100-Projekt auch zu Ende zu bringen, so die Befürchtung von Schwarz.
Andreas Geisel, Bezirksbürgermeister in Lichtenberg, zukünftiger Stadtentwicklungssenator und Nachfolger des designierten regierenden Bürgermeister Michael Müller (beide SPD), hat nun erstmals offen über die Stauproblematik an der Elsenbrücke geredet und zugegeben, dort ein Verkehrsproblem zu bekommen. Deshalb plädiert er für einen Weiterbau der A 100 über den 16. Teilabschnitt hinaus, um letztlich den Autobahnring am Zubringer Pankow zu schließen.

Die Umweltorganisation Robin Wood begrüßt diese neue Offenheit, bekennt sie sich doch zu dem, was immer vermutet, aber von der Politik stets verneint wurde. Peter Schwarz glaubt darin die Meinung des zukünftigen Senators zu erkennen, das davon auszugehen sei, dass der zivilgesellschaftliche Widerstand im jetzigen Bauabschnitt gebrochen wurde, und der Ausbau der A 100 im Teilabschnitt Treptow als Fakt akzeptiert ist. Das dem nicht so ist, soll morgen beim Lichterfest gezeigt werden.

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