Protest gegen rassistischen Investor

Der Käufer eines prunkvollen Warenhauses in Görlitz entsetzt mit menschenfeindlichen Ansichten

  • Lesedauer: 3 Min.
Ein prächtiges Kaufhaus hat er gerettet, bei Menschen hört seine Rettungsbereitschaft auf: Für seine zynischen Äußerungen über Flüchtlinge bekommt Unternehmer Winfried Stöcker Applaus von der NPD.

Görlitz. Aus Protest gegen die ausländerfeindlichen Äußerungen des Investors Winfried Stöcker zogen am Samstag etwa 300 Bürger vor dessen Kaufhaus in der Görlitzer Innenstadt. Landesweit reißt die Empörung über den bislang als Retter des berühmten Jugendstilbaus verehrten Lübecker Unternehmer nicht ab. Stöcker, der mit Labordiagnostik seine Geschäfte macht, hatte gegenüber der »Sächsischen Zeitung« seine Absage eines Benefizkonzertes für Flüchtlinge damit begründet, dass er »den Missbrauch unseres Asylrechtes nicht unterstützen« wolle. Ihm seien »so viele ausländische Flüchtlinge nicht willkommen«, so Stöcker. Er würde »die reisefreudigen Afrikaner«, sagte er weiter, »sofort wieder nach Hause schicken«. Stöcker erklärte darüber hinaus: »Vor zwanzig Jahren haben sich in Ruanda die Neger millionenfach abgeschlachtet. Hätten wir die alle bei uns aufnehmen sollen?« Über türkische Mitarbeiter in seinen Unternehmen sagte er, »sie haben nach meiner Auffassung kein Recht, sich in Deutschland festzusetzen und darauf hinzuarbeiten, uns zu verdrängen«. Heute seien »es schon zehn Prozent Türken in den Städten, warten Sie einmal 50 Jahre ab, dann haben sie bei uns die Mehrheit«.

Die Linkspartei der sächsischen Stadt bezeichnete Stöckers Äußerungen als »Widerwärtigkeit«. Seine Tiraden seien nicht mehr durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Der Unternehmer demonstriere »ein menschenfeindliches, rassistisches und kolonialistisches Weltbild« und habe sich in verfassungswidriger Weise über Flüchtlinge geäußert. Mirko Schultze, Stadtrat und Landtagsabgeordneter, rief die Görlitzer dazu auf, »nun erst Recht ein weltoffenes Görlitz zu präsentieren«. Viele Bürger hätten sich in den letzten Wochen am Willkommensbündnis für Flüchtlinge beteiligt. »Diese Position dürfen wir nicht aufgeben«, so Schultze.

Auch der Oberbürgermeister Siegfried Deinege (parteilos), der katholische Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt und die evangelische Kirche kritisierten Stöcker scharf. Er sei über die Aussagen entsetzt, sagte der Görlitzer Generalsuperintendent der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Martin Herche: »Mit seinen zynischen Äußerungen zu Flüchtlingen und Asylbewerbern hat er viele enttäuscht.« Am Samstagabend fand in Görlitz eine Andacht unter dem Motto »Barmherzigkeit ist kein Märchen« statt, zu der Kirchengemeinden der Stadt eingeladen haben.

Die rechtsradikale NPD gratulierte dem Unternehmer in einer Pressemitteilung zu seinen Äußerungen.

Stöcker hatte das Görlitzer Kaufhaus, das durch den Kinofilm »The Grand Budapest Hotel« weltweit bekannt wurde, 2013 gekauft und eine Sanierung des Jugendstilbaus von 1913 angekündigt. Das Haus ist seit 2009 geschlossen. Das von Stöcker in dem Haus untersagte Benefizkonzert fand nun am Samstag unter dem Motto »Jetzt erst recht« auf dem Christkindelmarkt statt. nd/mit Agenturen

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