Sicherheit gehört in die öffentliche Hand

Nach Enthüllung von Sicherheitslücken auf Flughafen Frankfurt fordert Gewerkschaft: Fluggastkontrolle darf kein Anlernberuf sein

  • Udo Labke
  • Lesedauer: 3 Min.
Sicherheitsmängel auf deutschen Flughäfen sind ein sensibles Thema. Enthüllungen der EU-Kommission am Wochenende erregen die Politik. Dabei sind die Debatten nicht neu. Bisher blieben sie folgenlos.

Bei der Sicherheit der Passagiere hört die Freundschaft auf. Die Freundschaft der Polizei, die Freundschaft der Flughafenbetreiber und der Gewerkschaften, die Freundschaft der Öffentlichkeit sowieso. Die Mitteilung am vergangenen Wochenende, dass es bei Kontrollen im Auftrag der EU-Kommission auf dem Flughafen in Frankfurt am Main immer wieder gelungen war, Waffen und »gefährliche Gegenstände« durch die Kontrollen zu schmuggeln, ließ die Wogen der Empörung hochschlagen.

Grund für die Mängel soll schlecht geschultes Personal sein. Von einem »ernstzunehmenden Vorfall« sprach ein Sprecher der Bundesregierung und dass über das System grundsätzlich nachzudenken sei. »Unverzüglich« wurden Maßnahmen wie zusätzliche Kontrollen und Nachschulungen eingeleitet, wurde gleichzeitig beruhigend mitgeteilt.

Kritiker sehen das grundlegende Problem in der Auslagerung hoheitlicher Aufgaben wie der Fluggastkontrollen auf Flughäfen auf private Sicherheitsdienste. Auch nach der Mitteilung über die Sicherheitslücken in Frankfurt dauerte es nicht lange, bis die Debatte auf der Ebene der Bundespolitik begonnen hatte.

SPD-Vize Ralf Stegner äußerte Zweifel, ob private Firmen eine ausreichende Gewähr böten, der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Volker Beck, stellte im »Handelsblatt« die Frage, »ob beim Schutz unserer Infrastruktur vor Terror nicht staatlich organisierte Sicherheit am Ende preiswerter, wenn auch nominell teurer ist«. LINKE-Fraktionsvize Jan Korte forderte, die Privatisierung im Bereich der Luftsicherheit rückgängig zu machen. Die Bundesregierung müsse die Bundespolizei in die Lage versetzen, diese Aufgabe auch wahrzunehmen. »Anstatt auf unausgereifte und unsichere Technik wie bei den Körperscannern sollte endlich wieder auf gut ausgebildetes, fair entlohntes und motiviertes Personal gesetzt werden«, erklärte Korte.

Auch die Polizei-Gewerkschaften kritisierten die Übertragung auf private Unternehmen und forderten das Bekenntnis zu staatlicher Verantwortung. »Die Firmen bringen Beschäftigte, die lediglich angelernt, aber nicht ausgebildet sind«, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, auf NDR Info. Um eine bessere Sicherheit zu garantieren, gehöre der Bereich der Luftsicherheit zurück in die öffentliche Hand. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, unterstützte diese Forderung mit der Bemerkung, »dass die Gewährleistung von Sicherheit mit dem Streben nach Gewinnmaximierung nicht zu vereinbaren ist«. Und der Vorsitzende des DBB Beamtenbund und Tarifunion, Klaus Dauderstädt, monierte: »Wir haben hier eine echte Polizeiaufgabe vor uns.« »Eine Menge Institutionen in diesem Land kümmern sich inzwischen selbst um ihre Sicherheit.«

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), verteidigte dagegen grundsätzlich den Einsatz von privatem Sicherheitspersonal an Flughäfen. Die Sicherheitsdienste müssten allerdings regelmäßig überprüft, kontrolliert und evaluiert werden.

Seit Jahren werden bei regelmäßigen Kontrollen der deutschen Flughäfen immer wieder Verstöße gegen die geltenden Sicherheitsstandards bei Passagier- und Gepäckkontrollen aufgedeckt. So hatte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bereits 2006 nach der Aufdeckung eines Attentatsversuches auf eine israelische Passagiermaschine in Berlin die gleichen Bedenken gegen die Delegierung hoheitlicher Aufgaben an private Firmen vorgebracht wie auch heute. Damals lag der Bruttolohn laut GdP zwischen sechs und zehn Euro. Die GdP bezeichnete die Kontrollen durch private Dienstleister damals als Sicherheitsrisiko und verwies auf anfallende Überstunden und die Überlastung des Personals. Gefordert wurde bereits, dass die Fluggastkontrolleure Angestellte der Bundespolizei sein müssten. Der Tariflohn für Fluggastkontrolleure auf den Berliner Flughäfen liegt inzwischen bei gut zwölf Euro.

Die deutsche Sicherheitswirtschaft beschäftigt nach eigenen Angaben circa 250 000 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2013 nach ersten Schätzungen einen Umsatz von über zwölf Milliarden Euro. 1900 Mitarbeiter sind es an Berliner Flughäfen. Private Dienstleister beschäftigten 2013 bundesweit fast 185 000 Sicherheitsmitarbeiter und erzielten 2013 nach ersten Schätzungen einen Umsatz von 5,2 Milliarden Euro, sie repräsentieren somit über 45 Prozent des Umsatzvolumens der Sicherheitswirtschaft. Mit Agenturen

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