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»Mehr als ein Geschmäckle«

Thomas Böwer (SPD) über den Hamburger Fall Osmani und die CDU / Der 46-jährige Diplom-Pädagoge ist seit 1997 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

  • Lesedauer: 4 Min.
ND: Im Streit um mögliche Verstrickungen der Hamburger Politik ins Rotlichtmilieu hat nicht zuletzt Ihre parlamentarische Anfrage für Aufregung gesorgt. Warum engagieren Sie sich so stark im Fall der Brüder Osmani?
Böwer: Ich kam zu dem Thema über eine klassische Filzgeschichte. Bei der standen die Osmanis zu Beginn gar nicht im Fokus, sondern das ehemalige Schill-Partei- und heutige CDU-Mitglied Mario Mettbach. Der hat Ole von Beust das Weiterregieren ermöglicht, nachdem Ronald Schill rausgeflogen war. Mettbach hat Schill als Zweiter Bürgermeister beerbt. Und Mettbach wurde jetzt nach seinem politischen Abgang im Jahr 2004 auf dubiose Weise ein Berater-Job verschafft - ein klassischer Freundschaftsdienst für seine Treue dem Bürgermeister gegenüber. Die Osmanis kamen erst ins Spiel, als Mettbach in einem Interview zugab, mit ihnen in einer Geschäftsbeziehung zu stehen - explizit zu dem wegen Steuerhinterziehung vorbestraften Burim Osmani. Dann kam heraus, dass Mettbach im Zusammenhang mit einem Grundstück der Osmanis auf der Reeperbahn - der »Heißen Ecke« - mit dem Chef der Senatskanzlei, dem Bausenator, Oberbaudirektor und Bürgermeister geredet hat. Gespräche auf höchster Ebene über ein Mini-Grundstück - das irritiert und macht Nachfragen nötig.

Medien vermuten, dass die SPD sich dem Fall so intensiv widmet, weil es - zumindest indirekte - Verbindungen zwischen dem CDU-Senat und den Osmanis geben soll. Stimmt die Richtung?
Seit ich in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen arbeite, habe ich mir das Spekulieren abgewöhnt. Ich frage nach. Meine Aufgabe ist es nachzuhaken, bis es ein Ergebnis gibt.

Jetzt mal Klartext: Es wird das Gerücht kolportiert, dass eine Razzia in einem den Osmanis gehörenden Schwulenhotel an der Reeperbahn, wo Minderjährige und hochrangige CDU-Politiker verkehrt haben sollen, im letzten Moment abgeblasen worden ist.
Man konnte so etwas lesen. Ich kümmere mich aber nicht um Gerüchte. Ich halte mich an Fakten. Und wenn sich diese Fakten nicht von selbst erschließen, frage ich weiter nach. Um es deutlich zu sagen: Haralds Hotel interessiert mich nicht. Mich interessiert vielmehr: Wieso redet Bürgermeister Ole von Beust mit einem Osmani-Vertrauten über die Nutzung eines Grundstücks als Imbiss-Bude und Caipirinha-Bar? Das ist doch merkwürdig. Zu diesem Komplex muss sich der Bürgermeister weitere Fragen gefallen lassen - ebenso wie die anderen CDU-Politiker nach der Einstellung Mettbachs.

Noch dubioser wird es, wenn sich herausstellt, dass der für die Osmanis zuständige Staatsanwalt Kontakt zu dem Clan gepflegt haben soll. Haben wir es in Hamburg mit mafiösen Strukturen zu tun?
Osmani-Anwalt Gerhard Strate spricht ja von einem »Osmani-Irrsinn«, der hier zur Zeit abläuft.

Er spricht von Rufmord.
Das ist seine Aufgabe als Rechtsanwalt. Ob er allerdings gut damit beraten ist, wie er seine Mandantschaft im Augenblick vertritt, weiß ich nicht. Zu Ihrer Frage: Es gibt Zufälle. Doch in dieser Sache gibt es mir zu viele Zufälle. So zum Beispiel die Verbindung der Osmanis und einem anderen albanischen Investor zur Volksbank Lauenburg. In beiden Fällen ist die Politik involviert, in beiden Fällen ist Mettbach involviert. Wir werden den Hintergrund aufklären. Schicht für Schicht. Wie beim Häuten einer Zwiebel. Zu klären ist auch, welche Informationen das Hamburger Landeskriminalamt hatte und welche es an den BND weitergegeben hat. Das beschäftigt ja mittlerweile auch den Bundestag.

Jetzt kommt heraus, dass auch Ronald Schill verstrickt sein soll. Er soll 2000 enorme Beträge von einem unbekannten Großspender zur Bank gebracht haben.
Die politische Verantwortung für das Treiben von Schill trägt nur ein Mensch in Hamburg - und das ist der Bürgermeister Ole von Beust. Er hat Schill zum Zweiten Bürgermeister und Innensenator gemacht. Ich gehe davon aus, dass ein politisch denkender Mensch wie von Beust wusste, wie Schill seinen Wahlkampf finanziert. Wenn Schill bald zum Untersuchungsausschuss »Jugendheim Feuerbergstraße« von Rio nach Hamburg reist, kann er die Fragen zu diesem Komplex gleich mitbeantworten. 50 000 Mark mal eben so bar einzuzahlen, das hat mehr als ein Geschmäckle.

Fragen: Volker Stahl
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