Lähmender Verkehrslärm

Stadtentwicklungs- und Umweltsenator Andreas Geisel stellt neuen Aktionsplan vor

  • Celestine Hassenfratz
  • Lesedauer: 3 Min.
KFZ-, Eisenbahn- und Flugverkehr sind die Hauptlärmverursacher in Berlin. Den lautesten Krachmachern soll jetzt der Garaus gemacht werden.

Gerade eben hat er ihn noch gehört. Quietschend hat die Straßenbahn am Alexanderplatz den neuen Senator für Stadtentwicklung, Andreas Geisel (SPD), daran erinnert, wie wichtig der Lärmaktionsplan für die Berliner ist. Mit einer Art jauchzenden Ton sei die Tram um die Ecke geknattert, berichtet Geisel von seinem Spaziergang über den Alex in der Mittagspause. Wenn es nach ihm geht, soll damit bald Schluss sein. »Entdröhnungsmaßnahmen« könnten dabei helfen. Anknüpfend an den Lärmaktionsplan von 2008 stellte Geisel am Dienstagmittag im Roten Rathaus den neuen Aktionsplan bis 2018 vor.

Auf dem Tisch vor Geisel liegt ein dicker Aktenordner, der Lärmaktionsplan ist umfangreich und kompliziert, nicht alles werde sich umsetzen lassen, macht Geisel zu Beginn deutlich. Dennoch habe man sich hohe Ziele gesteckt: Bis 2025 will Geisel dafür sorgen, dass 100 000 Berliner von störendem Lärm entlastet werden. Seit der erste Lärmaktionsplan 2008 in Kraft trat, hat sich einiges getan, bilanziert Geisel. Rund 40 000 Bürger habe man durch verschiedene Maßnahmen vom krankmachenden Lärm befreien können. Immer noch seien aber etwa 300 000 Berliner von Lärmpegeln oberhalb der gesundheitsschädlichen Schwelle betroffen. Rund 20 Millionen Euro haben die Maßnahmen seit 2008, mit finanzieller Unterstützung vom Bund, gekostet. Die nächsten Jahre sollen nicht ganz so teuer werden: 1,1 Millionen Euro will der Berliner Senat dafür jährlich bereitstellen, weitere 1,3 Millionen Euro soll der Bund bezuschussen.

Um möglichst viele Berliner vom Lärm zu entlasten, hat der Senator drei Hauptmaßnahmen ins Auge gefasst. Zum einen soll der Verkehr von stark befahrenen Straßen auf weniger befahrene verlagert werden. Im vorherigen Lärmaktionsplan konnte das bereits umgesetzt werden, bis zu zehn Prozent Verkehr auf stark befahrenen Straßen habe man damit reduzieren können. Auch geeignete Infrastrukturmaßnahmen, wie etwa das Auftragen eines speziellen »Flüsterasphalts«, der dafür sorgen soll, dass Reifen-Fahrbahn-Geräusche abnehmen, sollen zur Umsetzung beitragen. Mehr Tempo-30-Zonen, die bis zu drei Dezibel weniger Lärm verursachen, wolle man nicht einrichten. Denn auf rund 70 Prozent der Straßen Berlins wurden bereits die Fahrgeschwindigkeiten auf 30 Stundenkilometer begrenzt.

»Unser Ziel ist es, den Verkehr nicht zu lähmen, sondern stadtverträglich zu gestalten«, sagt Geisel. Bei Straßen vor neuen Kindertagesstätten werde es aber weiterhin Tempo-30-Zonen geben. Sinnlose Ampeln, die den Verkehr nachts nur stoppen, sollen abgeschaltet werden. Gute Ergebnisse habe man mit dem Aktionsplan von 2008 etwa in der Brandenburger Straße umsetzen können. Das Einrichten von Fahrradwegen vor Wohnhäusern habe dort zu einer Reduzierung von 1,5 Dezibel geführt. Nicht viel, wenn man bedenkt, dass die gesundheitsschädliche Dezibel-Grenze bei 65 Dezibel am Tag und 55 in der Nacht liegt, der Senat aber erst ab 70 beziehungsweise 60 Dezibel kurzfristig aktiv werden will. »Wir setzen viele kleine Einzelmaßnahmen um, die insgesamt zum Ziel führen sollen«, sagt Geisel. Auch ein Fahrbahnsanierungskonzept, sowie ein Schallschutzfensterprogramm, das lärmbelasteten Haus- und Wohnungseigentümern eine Bezuschussung von Schallschutzfenstern ermöglichen will, wolle man weiter vorantreiben.

Ein wichtiges Ziel sei es außerdem, den Verkehr von der Straße mehr auf die Schienen zu verlagern. Doch »Mobilität hat seinen Preis«, gibt Geisel zu. Mehr Schienenverkehr führe dann wieder zu mehr Lärmbelastung, und die Bahn sei kein einfacher Verhandlungspartner, sagt Geisel. Einen starken Partner hätten sie jedoch bereits: der technische Fortschritt. Modernere Züge und leisere Flugzeuge trügen zur Lärmverringerung bei.

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