Turbulenzen um das König Abdullah-Zentrum

Saudische Stätte des »interreligiösen Dialogs« in Wien soll geschlossen werden - oder nicht

  • Hannes Hofbauer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.
Vor einer stauenden Öffentlichkeit spielt sich ein Stück ab, das von der saudischen Tragödie bis zur Wiener Blamage alle Ingredienzen einer politischen Posse enthält.

Geht es nach dem Willen von Kanzler Werner Faymann (SPÖ), dann soll das »König Abdullah Zentrum für interreligiösen Dialog« geschlossen werden. Dessen Status als Internationale Organisation erlaubt einen solchen Eingriff von österreichischer Seite allerdings nicht.

Angetrieben von einer nach den Attentaten von Paris grassierenden Anti-Islam-Stimmung und der Meldung über die Auspeitschung eines politischen Aktivisten im saudischen Jeddah fühlten sich die Spitzen der österreichischen Koalitionsregierung bemüßigt, tätig zu werden. In ihr Fadenkreuz geriet dabei das von Saudi-Arabien finanzierte interreligiöse Dialogzentrum.

Die im Palais Sturany am Wiener Ring angesiedelte Institution ist erst vor etwas mehr als zwei Jahren mit großem Pomp und in Anwesenheit von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon eröffnet worden. Nach dem Versprechen Riads, für die Finanzierung aufzukommen, unterzeichneten Österreich, Spanien und Saudi-Arabien mit wohlwollendem Zuspruch des Vatikan einen völkerrechtlichen Vertrag, der dem Zentrum den Status einer internationalen Organisation verleiht, die außerhalb der österreichischen Gesetzgebung steht.

Nun war schon zum Zeitpunkt seiner Gründung Ende November 2012 jedem, der es wissen wollte, klar, dass ein von Saudi-Arabien finanziertes »interreligiöses Zentrum« kein Hort des Fortschritts und der religiösen Toleranz sein würde. Damals geäußerte Kritik - auch am Namen des Zentrums - schlug die Regierung in den Wind.

Dieser Wind hat sich gedreht, Kanzler und Außenminister wollen das nun als Schandfleck empfundene Zentrum so schnell wie möglich loswerden. Die Vize-Generalsekretärin des Zentrums, Claudia Bandion-Ortner, ist unter starkem politischem Druck bereits zurückgetreten. Die ehemalige glücklos agierende Justizministerin war 2012 mit diesem gut dotierten Posten versorgt worden. Erst vor drei Monaten war sie fast euphorisch gestimmt von einem Besuch in Riad zurückgekehrt und hatte auf Fragen von Journalisten, was sie denn über die häufig praktizierte Todesstrafe im Land der Saud-Dynastie halte, salopp geantwortet: »Nicht jeden Freitag wird geköpft«.

An diese skandalöse Aussage hat sich jetzt offensichtlich die österreichische Regierung erinnert, als der Aktivist Rail Badawi wegen »Beleidigung des Islam« zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe und zu 1000 Peitschenhieben verurteilt worden war. Diese sollen - jeden Freitag 50 - an ihm vollzogen werden. Internationaler Protest hatte dazu geführt, dass die Peitschenhiebe vergangene Woche ausgesetzt wurden.

Gegen eine Schließung des Zentrums hat sich - für manche überraschend - Bundespräsident Heinz Fischer ausgesprochen. Er argumentiert als einer der wenigen in dieser Sache vernunftgeleitet. Nichts in den Beziehungen zu Saudi-Arabien und auch nichts in der saudischen Politik hätte sich seit Gründung des Zentrums geändert. Wie das Königreich mit Oppositionellen verfahre, sei 2012 bekannt gewesen. Wer jetzt eine Einrichtung schließe, die sich um interreligiösen Dialog bemühe, würde die ohnedies angespannte Situation zwischen den Glaubensgemeinschaften nicht verbessern helfen, so Fischer. Zudem wäre eine Schließung alleine durch österreichische Intervention nicht möglich, hat sich doch das Zentrum als »Internationale Organisation« registrieren lassen.

Das Abdullah-Zentrum selbst reagiert nach außen hin gelassen. Mehrmalige Aufforderungen, sich von den Peitschenhieben in Saudi-Arabien zu distanzieren, beantwortete sein Sprecher lapidar mit der Feststellung, das Zentrum sei für interreligiösen Dialog da und mische sich nicht in innerstaatliche Angelegenheiten. Bleibt noch hinzuzufügen: Der katholische Erzbischof von Wien spricht sich für ein Weiterbestehen der Einrichtung aus.

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