US-Army vor Russlands Grenze

Nach NATO-Parade in Estland Manöver am Baltikum / Kerry bezichtigt Moskauer Führung der Lüge

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Zwischen Russland und dem Westen verschärft sich nicht nur der Ton. An der russischen Grenze paradierten NATO-Truppen.

Eine erstaunlich geringe Rolle spielte in der russischen Politik und den Medien am Mittwoch die Militärparade zum 97. Jahrestag der Unabhängigkeit Estlands in der Grenzstadt Narva mit NATO-Beteiligung. Dafür gab es eine militärische Reaktion. Das Verteidigungsministerium in Moskau informierte über den Beginn eines Manövers an der Grenze zu des baltischen Staaten Estland und Lettland mit rund 2000 Soldaten bis Samstag. Als einer der Höhepunkte wurde der Massenabsprung von Fallschirmjägern angekündigt.

Am Dienstag hatten rund Hundert britische, spanische, lettische und litauische Soldaten an der Seite von rund 1300 estnischen Soldaten an einer Militärparade in Tallinn teilgenommen. Auch zwei US-Panzerfahrzeuge sowie mehrere niederländische Panzer beteiligten sich an der Parade direkt an der Grenze zu Russland. Staatschef Toomas Hendrik Ilves nannte mit Blick auf den Ukrainekonflikt den »Einsatz von alliierten Streitkräften in den Grenzstaaten des Bündnisses eine Antwort auf die neue Realität«. Er sprach dabei von einer neuen Form des Krieges. Das EU-Land Estland ist seit 2004 Mitglied NATO.

US-Truppen waren mit allerlei schwerem und gepanzertem Gerät zu sehen. Die vierachsigen Radpanzer stammen aus der »Stryker-Familie«. Sie werden von schnellen Kräften des US-Heeres benutzt und haben sich in Kriegen um Irak und Afghanistan bewährt. Die US-Soldaten gehören zum 2d Cavalry Regiment. Es hat sein Hauptquartier in den Rose-Barracks von Vilseck, also in Deutschland. Zu sehen waren gepanzerte Sisu-Mannschaftstransporter aus Finnland, Unimog-LKW und Wolf-Jeeps von Mercedes-Benz oder britische CV90-Schützenpanzer. Zeitungen wie die »Washington Post« bewerteten die Militärparade unter Beteiligung von US-Armeefahrzeugen an der Grenze zu Russland als einen Akt, der die Spannungen zwischen dem Westen und Russland symbolisiere.

Mit scharfen Worten hat US-Außenminister John Kerry die russische Führung für deren Verhalten im Ukraine-Konflikt kritisiert. Er warf Moskau die »umfangreichste Propaganda-Übung seit den Hochzeiten des Kalten Krieges« vor. Bei seinen Äußerungen vor einem Ausschuss des US-Senats bezichtigte er Russland der Lüge: Die Führung in Moskau habe hinsichtlich ihrer Aktivitäten im Ukraine-Konflikt auf ihren »Falschangaben, ihren Lügen beharrt«. Ihm selbst und anderen Menschen habe Moskau mehrfach »ins Gesicht« gelogen, sagte Kerry. Er bezeichnete die Separatistenbewegung in der Ostukraine als »de facto Verlängerung der russischen Armee«.

Der britische Premier David Cameron warnte, Russlands Präsident Wladimir Putin könnte seine Aggression künftig auch gegen baltische Staaten oder gegen Moldau richten, wenn ihm jetzt nicht Einhalt geboten werde. Großbritannien hatte Dienstagabend angekündigt, in den nächsten Wochen zur Ausbildung der Regierungstruppen 75 Militärberater in die Ukraine zu schicken. Waffenlieferungen schloss Cameron nicht grundsätzlich aus, betonte aber: »Wir glauben im Grunde nicht, dass es eine militärische Lösung hierfür gibt. Es muss eine diplomatische Lösung geben.«

Beifall für die Entsendung von Militärausbildern gab es von der Grünen-Fraktionschefin im Europaparlament Rebecca Harms: »Ich glaube nicht, dass das falsch ist, den Ukrainern die Möglichkeiten für eine bessere Ausbildung zu geben, wenn man sich anguckt, wie diese ukrainische Armee funktioniert«. Man könne nicht länger zuschauen, wie unausgebildete Männer der ukrainischen Armee einem immer besser ausgestatteten Separatistenheer gegenüberstünden. Mit Agenturen

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