Merkel und Steinmeier für Europa-Armee

Berlin rechnet mit langwieriger Umsetzung von Juncker-Projekt / Grünen-Chefin lehnt Vorstoß derzeit ab

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EU-Kommissionspräsident Juncker will eine gemeinsame Armee in Europa. In der Bundesrepublik findet diese Idee sowohl Anhänger als auch Gegner.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) können sich eine gemeinsame europäische Armee vorstellen. Beide betonten am Montag jedoch, dass sich der Vorschlag von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zur Schaffung einer solchen Armee allenfalls langfristig verwirklichen lasse. »Die Bundeskanzlerin teilt die Ansicht, dass es grundsätzlich gut ist, dass es eine vertiefte militärische Zusammenarbeit in Europa gibt und geben sollte«, sagte Vizeregierungssprecherin Christiane Wirtz in Berlin. Sie verwies auf die »geballten Herausforderungen« in der europäischen Sicherheitspolitik, die eine gemeinsame Antwort erforderten.

Steinmeier sprach im »Tagesspiegel« von den »neuen Gefahren und Bedrohungen unserer europäischen Friedensordnung«, die eine »zügige Anpassung« der Sicherheitsstrategie nötig machten. »Für die SPD ist das langfristige Ziel einer europäischen Armee ein wichtiges politisches Anliegen und seit vielen Jahren Teil des Parteiprogramms«, fügte der Minister hinzu.

Merkel und Steinmeier folgten damit der Argumentation Junckers, auch er hatte von Gefahren für den Frieden gesprochen. Anders als Merkel und Steinmeier verwies der Luxemburger jedoch ausdrücklich auf den Ukraine-Konflikt. Eine gemeinsame Armee der Europäer würde auch »Russland den Eindruck vermitteln, dass wir es ernst meinen mit der Verteidigung der Werte der Europäischen Union«, erklärte Juncker in der »Welt am Sonntag«.

Die Idee einer gemeinsamen Armee wird in Europa immer wieder diskutiert. Bislang gilt ein solcher Schritt als undenkbar, weil es in manchen EU-Ländern etwa in Großbritannien entschiedenen Widerspruch gibt.

Regierungsvertreter in Berlin machten indes klar, dass sie keine rasche Umsetzung erwarten. Merkels Vizesprecherin Wirtz sprach von einem »Zukunftsprojekt, das sich nicht in einen Terminplan zwängen lässt«. Sie gehe davon aus, dass beim EU-Gipfel im Juni über das Thema geredet werde. Auch ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bezeichnete das Projekt als »langfristiges Ziel«. Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte Junckers Vorschlag bereits am Wochenende begrüßt.

Die Grünen lehnen eine europäische Armee laut Parteichefin Simone Peter momentan ab. »Wir sehen darin in der aktuellen Lage keine Aktion, die jetzt vorangetrieben werden soll«, teilte sie mit. Gerade als Reaktion auf die Ukraine-Krise seien Aktionismus und Säbelrasseln wenig zielführend, so Peter. »Eine europäische Armee steht in weiter Ferne.« Stattdessen sollten nach ihrer Ansicht Kooperationen verstärkt werden. Die EU-Staaten seien gut beraten, eine gemeinsame Sicherheitsstrategie voranzutreiben.

Letzteres sieht auch der außenpolitische Sprecher der Grünenfraktion im Bundestag, Omid Nouripour, so. »Solange es keine europäische Außenpolitik gibt, braucht man nicht darüber zu reden, wie man die Instrumente dafür schafft«, sagte er dem Hessischen Rundfunk. Grundsätzlich aber begrüßt Nouripour den Vorschlag Junckers. Eine gemeinsamen Armee in Europa sei eine »hervorragende Idee«, so der Grüne im Bayerischen Rundfunk.

Die Linkspartei hatte den Vorstoß des Kommissionspräsidenten hingegen kritisiert, da er sich ihrer Auffassung nach gegen Russland richte. Agenturen/nd

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